Thema des Tages

08-06-2019 08:50

Leuchtende Nachtwolken - Wolken in der kältesten Zone der
Erdatmosphäre


Manchmal lassen sich in klaren Sommernächten am Nordhorizont
geheimnisvoll silbrig - weiß bis blau leuchtende Wolken beobachten.
Sie haben etwas Ähnlichkeit mit Cirruswolken. Leuchtende Nachtwolken
sind ein eher seltenes Phänomen. Meist treten sie von Anfang Juni bis
Ende Juli im Zeitraum um die Sommersonnenwende auf.


Von normalen Wolken unterscheiden sie sich durch ihre große Höhe, in
der sie auftreten. Während normale Wolken in der Troposphäre in Höhen
bis zu 15 km zu finden sind, entstehen leuchtende Nachtwolken in
einer Höhe von 81 bis 87 km. Dieses ist die sogenannte
"Mesopausenregion". Es ist die kälteste Zone der Atmosphäre.
Nirgendwo sonst auf diesem Planeten lassen sich in natürlicher
Umgebung so tiefe Temperaturen messen. Im Sommer werden dort Werte
von unter -150 °C erreicht. Diese kalten Temperaturen werden
benötigt, damit bei der in diesen Höhen sehr geringen
Wasserdampfkonzentration kleine Eiskristalle an Staubpartikeln
kristallisieren. Dadurch entstehen nämlich die leuchtenden
Nachtwolken. Woher jedoch die Staubpartikel stammen, ist noch nicht
vollständig geklärt. Zuerst beobachtete man diese Wolken zwei Jahre
nach dem Ausbruch des Krakataus (Sunda-Straße, Indonesien) im Jahre
1885. Man nahm an, dass durch den Ausbruch Staub bis in solche Höhen
transportiert wurde. Doch traten diese Wolken auch noch viele Jahre
nach dem Ausbruch auf. Deshalb geht man heute davon aus, dass der
Staub von Meteoren stammt, die in diesen Höhen verglühen. Das
scheinbare Leuchten der Wolken entsteht durch gestreutes Sonnenlicht.
Wenn die Sonne etwa 6 bis 16 Grad unter dem Horizont steht, erscheint
der Himmelshintergrund bereits dunkel, die Wolken werden allerdings
aufgrund ihrer enormen Höhe von der Sonne noch beschienen und
erscheinen als Leuchtende Nachtwolken.

Erforscht werden diese Wolken unter anderem am Leibniz-Institut für
Atmosphärenforschung (IAP) in Kühlungsborn
(http://www.iap-kborn.de).Das IAP verwendet dazu ein LIDAR-Gerät
(Light Detecting And Ranging) in der Arktis und sammelt damit die
entsprechenden Daten. Dabei wird ein Laserstrahl ausgesendet und die
Rückstreuung an den Wolken gemessen und ausgewertet. Entsprechende
Daten lassen sich auf der Seite des IAP finden:
https://alomar.andoyaspace.no/rmrlidar/html/index-public.html

Ende Mai konnte man in diesem Jahr die ersten Leuchtenden Nachtwolken
im Norden Deutschlands beobachten. Die Saison begann damit
ungewöhnlich früh. Auch wenn die Aktivität jetzt wieder abgenommen
hat, lohnt sich doch nachts immer wieder ein Blick Richtung Norden.
Wenn Sie Leuchtende Nachtwolken beobachten oder fotografieren wollen,
so empfiehlt sich für die Vorhersage die Seite des OSWIN-VHF-Radars (https://www.iap-kborn.de/forschung/abteilung-radarsondierungen/aktue
lle-radarmessungen/oswin-mesosphaere) am Leibnitz-Institut für
Atmosphärenforschung. Dieses Radar ist in der Lage, Leuchtende
Nachtwolken in der Mesosphäre zu detektieren. Sollten in den Grafiken
nach Sonnenuntergang starke Reflektivitäten in etwa 85 km Höhe
auftreten, so ist die Chance, dass man Leuchtende Nachtwolken in
Mitteleuropa sehen kann, ziemlich hoch.


Dipl.-Met. Christian Herold
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 08.06.2019

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