Thema des Tages

01-07-2016 14:40

Die Tropensturmsaison 2016 über dem Nordpazifik und Nordatlantik

Sommer, Sonnenschein, Wärme und warmes Meerwasser - all diese
Schlagworte klingen nach einem perfekten Urlaub, wenn es um die
Badewettervorhersage gehen würde. Doch leider ist der Sommer auch die
Jahreszeit, wo in den Bereichen der Tropen und teils auch Subtropen
auf der Nordhemisphäre Tropenstürme aktiv sind. So auch in diesem
Jahr.

Die Tropensturmsaison umfasst grob gesagt die Sommermonate, schwankt
jedoch je nach Gebiet geringfügig. Liegt die Hauptsaison im
Nordatlantik zwischen dem 1. Juni und dem 30. November, so ist sie im
Ostpazifik zwischen dem 15. Mai und dem 30. September und in den
restlichen Bereichen des Pazifiks zwischen den Monaten Mai und
November zu finden. Das bedeutet nicht, dass auch außerhalb der
eigentlichen Saison kein Tropensturm entstehen kann, die
Wahrscheinlichkeiten sind jedoch gering, da die Zutaten für die
Entwicklung nur selten gegeben sind. Dass es aber Ausnahmen geben
kann, zeigte in diesem Jahr Hurrikan Alex, der zwischen dem 13. und
15. Januar (!) die Azoren mit Sturmböen heimsuchte und bis zum
heutigen Tag als der zweitstärkste Tropensturm der Nordhemisphäre für
2016 geführt wird (siehe Bild auf www.dwd.de unter "Thema des
Tages").

Ruft man sich kurz die für die Entstehung von Tropenstürmen
benötigten Zutaten in Erinnerung, sollten folgende Punkte
angesprochen werden: warmes Ozeanwasser, damit viel Wasser verdunstet
und die Bildung kräftiger Gewitterwolken unterstützt wird. Die
Aussage, dass das Wasser für die Bildung von Tropenstürmen mindestens
eine Temperatur von 26 bis 27 Grad aufweisen muss, stimmt zwar meist,
doch treten auch immer wieder Beispiele auf, wo die Entwicklung über
deutlich kühleren Gewässern erfolgt (siehe Hurrikan Alex). Das zu
erörtern bedarf jedoch eines eigenen Themas des Tages. Die Luftmasse
über dem Meer muss hochreichend feucht genug sein und erst in
genügender Entfernung zum Äquator kommt es zur Ausbildung von
Tropenstürmen, da die Corioliskraft (siehe Wetterlexikon auf
www.dwd.de) die Entwicklung ermöglicht. Diese Schein- oder
Trägheitskraft gewinnt mit zunehmender Entfernung zum Äquator an
Kraft und Bedeutung. Außerdem sollte der Wind mit der Höhe nur leicht
zunehmen. Die Windzunahme mit der Höhe wird als
"Geschwindigkeitsscherung" bezeichnet. Je schwächer diese ausfällt,
desto eher kann sich ein tropisches System entwickeln - starke
Windscherung kann solche Systeme regelrecht zerreißen.

Doch es wird noch komplexer, denn auch klimatologische Phänomene wie
ein "El Nino" oder "La Nina" (siehe Wetterlexikon auf www.dwd.de)
spielen zum Beispiel im Nordatlantik und Nordpazifik eine Rolle,
modifizieren sie doch die Windscherung und auch die
Wassertemperaturen der Weltmeere. Da nach dem El Nino aus den Jahren
2015/16 nun Ende 2016 zunehmend mit einem La Nina Ereignis gerechnet
wird, ist auch wenig verwunderlich, dass sich die
Tropensturmvorhersagen im Vergleich zum Vorjahr teils spürbar
unterscheiden. All die angesprochenen Parameter und klimatologischen
Rahmenbedingungen werden letztendlich zu den jeweiligen Vorhersagen
umgewandelt. Die Anzahl der vorhergesagten Stürme dient als
Richtlinie und ist kein Absolutwert.

Für den Nordatlantik erwartet die "National Oceanic and Atmospheric
Administration, NOAA" mit 45% eine nahezu normale Saison, mit 30%
eine überdurchschnittlich aktive und mit 25% eine inaktive Saison. In
Zahlen ausgedrückt wären das 10 bis 16 benannte Stürme (Hurrikan Alex
vom Januar bereits mit einberechnet), wobei 4 bis 8 zu Hurrikanen und
1 bis 4 zu sehr starken Hurrikanen heranwachsen sollen. Andere
Vorhersagen sehen gar das Potential, dass diese Saison die aktivste
seit 2012 werden könnte. Die großen Unsicherheiten werden jedoch bei
allen Vorhersagen deutlich hervorgehoben.

Über dem Ostpazifik wird eine normale Saison erwartet (40%) mit
jeweils einer 30%-igen Chance für eine überdurchschnittlich aktive
oder inaktive Saison. Das würde 13 bis 20 benannte Stürme, 6 bis 11
Hurrikane und 3 bis 6 starke Hurrikane beinhalten.

Im Gegensatz zur letztjährigen äußerst aktiven Saison sollte die
diesjährige über dem Nordwestpazifik ruhiger verlaufen, wobei 13
Taifune (16) (ein Taifun ist das Äquivalent zu einem Hurrikan), 6
starke Taifune (9)und 22 tropische Stürme (26) erwartet werden. Die
Zahlen in den Klammern geben das 51-jährige Mittel von 1965 bis 2015
wider. In Prozenten bedeutet dies, dass die Taifunsaison mit 60%
inaktiv, mit 32 % normal und mit nur 8% zu aktiv verlaufen wird.

Bisher spiegeln sich die Vorhersagen in der Realität doch recht gut
wider. Über dem Nordwestpazifik gab es noch nie einen so ruhigen
Start in eine Tropensturmsaison mit bisher noch keinem einzigen
beobachteten Sturm. Derweilen hat der Nordatlantik einen fast schon
rekordverdächtigen Start mit gleich 4 benannten Systemen hingelegt.
Darunter fielen jedoch nur 1 Hurrikan ("Alex") und 3 sehr kurzlebige
und schwache Tropenstürme mit den Namen "Bonnie", "Colin" und
"Danielle".

Unabhängig ob die Saison nun aktiv wird oder nicht, überall in den
genannten Bereichen muss jederzeit damit gerechnet werden, dass sich
ein kräftiger Tropensturm zusammenbrauen und mit Sturm und
sintflutartigen Regenfällen Zerstörung bringen kann. Dafür braucht es
nur einen einzigen Tropensturm. Bleibt nur zu hoffen, dass sich in
diesem Jahr die meisten Tropenstürme über Wasser austoben und als
sogenannte "Fischstürme" (=ohne Landgang) in die Geschichtsbücher
eingehen werden.

Dipl.-Met. Helge Tuschy
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 01.07.2016