Thema des Tages

19-07-2019 08:20

Unsere Atmosphäre: Welche Ehre!

Für uns Menschen selbstverständlich, für Himmelskörper alles andere
als das: die Atmosphäre!

Er ist derzeit in aller Munde: Der Mond! Einerseits weil er vor genau
50 Jahren die ersten Menschen auf seiner Oberfläche begrüßen
"durfte", andererseits aufgrund seiner partiellen Finsternis in der
Nacht zum vergangenen Mittwoch (zumindest hierzulande). Doch so
faszinierend dieser treue Erdbegleiter auch sein mag, wettertechnisch
hat er nicht viel zu bieten. Es fehlt ihm schlicht und ergreifend
eine dafür notwendige Atmosphäre, also ein ihn umhüllendes
Gasgemisch.

Das liegt aber nicht etwa daran, dass er kein Planet ist, denn der
Titan (größter Mond des Saturn) kann beispielweise eine solche
vorweisen. Auch bei Planeten ist ihr Vorhandensein wahrlich keine
Selbstverständlichkeit, auch wenn in unserem Sonnensystem mit
Ausnahme des Merkurs alle Planeten eine mehr oder weniger gut
ausgeprägte Atmosphäre ihr Eigen nennen dürfen. Für ihren "Erwerb"
muss ein Planet (wie auch alle anderen Himmelskörper) diverse
Voraussetzungen erfüllen.

Einen im wahrsten Sinne des Wortes massiven Vorteil diesbezüglich
haben Planeten, die eine große Masse besitzen. Denn je schwerer ein
Planet ist, desto größer ist auch seine Anziehungskraft auf einen
anderen Körper, z. B. eben auf Gasmoleküle. Anders ausgedrückt: Ist
ein Planet zu leicht, also seine Anziehungskraft zu gering, kann er
keine Gase in seiner Nähe halten. Sie würden in den Weltraum
"abhauen".

Zudem ist eine gewisse "Coolness" gefragt. Je höher nämlich die
Temperatur auf einer Planetenoberfläche ist, desto größer ist auch
die Bewegungsenergie der dortigen Gasmoleküle. Das wiederum hat einen
direkten Einfluss auf ihre Geschwindigkeit, die dabei nämlich
ebenfalls zunimmt. Tja, und ab einer bestimmten Geschwindigkeit
können sich die Gasteilchen letztendlich von der Anziehungskraft des
Planeten losreißen und sagen "Auf Nimmerwiedersehen!".

Ein letzter Punkt, der sich positiv auf den Erhalt einer Atmosphäre
auswirkt, bezieht sich auf die Gase selbst, die auf einem Planeten z.
B. durch Ausgasen (Gasaustritt aus festem oder flüssigem Material)
entstehen. Da Gasmoleküle mit einem kleineren Molekulargewicht
schneller sind als die mit einem größeren, stehen für Erstere die
Chancen deutlich besser, dem Anziehungsfeld des Planeten zu
entkommen.

Die Erde konnte sich in all diesen Punkten behaupten (siehe
angehängtes Bild der NASA), auch wenn ihre Anziehungskraft nicht
ausreicht, um beispielsweise die relativ leichten Wasserstoff- und
Heliummoleküle in der Atmosphäre zu halten. Dazu müsste die Erde
genauso ein "Brummer" sein wie zum Beispiel der Saturn (ca. 95-fache
Masse der Erde) oder der Jupiter (ca. 317-fache Erdmasse). Bei dem
Anziehungsfeld dieser beiden Planeten haben selbst Wasserstoff und
Helium keine Chance zu entkommen.

Die etwas schwereren Stickstoff- und Sauerstoffmoleküle hat die
Erdatmosphäre dagegen ganz gut im Griff. Das zeigt auch die
Zusammensetzung des Gasgemisches (also der Luft), das unsere
Atmosphäre ausmacht und dort bis zu einer Höhe von etwa 100 km über
dem Erdboden recht konstant vorhanden ist: 78,08 % Stickstoff, 20,95
% Sauerstoff, 0,93 % Argon und weniger als 1 % Spurengase (z.B.
Kohlendioxid CO2). Der Wasserdampf, der den wichtigsten Bestandteil
für unser Wetter darstellt, nimmt aufgrund starker räumlicher und
zeitlicher Schwankungen etwa 1 bis 4 % der Luft ein.

Doch diese Gaszusammensetzung war bei Weitem nicht immer so. Was die
Erdatmosphäre in den letzten Jahrmilliarden alles mitmachen musste,
erfahren Sie voraussichtlich am kommenden Sonntag im Thema des Tages.



Dipl.-Met. Tobias Reinartz
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 19.07.2019

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