Thema des Tages

20-07-2019 11:20

Die Kinderstube der Hoch- und Tiefdruckgebiete

Auch wenn es etwas seltsam erscheinen mag, selbst Druckgebilde haben
bevorzugte Orte, an denen sie nicht nur entstehen, sondern auch öfter
wiederkehren.

Dieser kurze Abriss ist eine Fortsetzung zum Thema des Tages vom
07.07.2019. Dort ging es um die Zugbahnen von Hoch- und
Tiefdruckgebieten.

Heute wollen wir der Frage nachgehen, wo klimatisch gesehen die
Druckgebilde am ehesten entstehen und sich gerne auch länger
aufhalten bzw. sich immer wieder regenerieren. Die klimatische
Betrachtung bietet den Vorteil, dass gewisse Schwankungen
herausgemittelt werden und so stabilere und eindeutigere
Charakteristika übrigbleiben.

Auf der unten angeführten Grafik sieht man bevorzugte Bereiche für
die periodische Zyklo- und Antizyklogenese (Zyklogenese bedeutet
Bildung von Tiefdruckgebieten und ist dabei mit negativem Vorzeichen
versehen und Antizyklogenese entsprechend Hochdruckgebiete mit
positivem Vorzeichen) und zwar über den gesamten Globus verteilt.
Dabei ist die Abhängigkeit von der Orografie und der Schichtung der
Atmosphäre überlagert. Bei der Schichtungsstabilität gilt, dass
stabile Schichtung mit Absinken und Wolkenauflösung (Hochdruckgebiet)
verbunden ist, wohingegen labile Schichtung dazu führt, dass Luft
aufsteigt (Tiefdruckgebiet) und sich Wolken bilden.

Ersichtlich ist aus der Grafik eine gewisse Topografie der Verteilung
der Druckgebilde. Topografie deshalb, weil zum einen eine relativ
eindeutige Zuordnung zur realen und nicht gemittelten Orografie
erkennbar ist. Das gilt allerdings für klimatisch gemittelte
Strömungsverhältnisse. Zum anderen sieht man auch den Zusammenhang
zur potentiellen Temperatur, die gerade etwas aussagt über die
Schichtungsstabilität der Atmosphäre.

In Bezug auf die Orografie sind zwei Schwerpunkte der Bildung von
Tiefdruckgebieten zu finden. Der eine liegt im Lee von Gebirgen, wo
die Luftsäule gestreckt und labilisiert wird, wodurch die Luft
angehoben wird und im Tal der Luftdruck fällt. Hierfür sind gute
Bedingungen z.B. im Lee der Kordilleren in Nordamerika gegeben. Der
andere Schwerpunkt liegt auch in tiefen Lagen, allerdings spielt hier
auch die spezielle Geländeform eine Rolle. Ein sehr gutes Beispiel
ist hier das Genua-Tief, wo ein wirkliches Minimum der Geländehöhe
existiert und das Terrain von dort in alle Richtungen ansteigt.

Für ein Hochdruckgebiet sind reziproke Bedingungen für die
orografische Entstehung förderlich, z.B. häufig in Gipfellagen zu
finden, wie über den Alpen. Der Grund dafür ist die vertikale
Stauchung der Luftsäule über und luvseitig an dem Gebirge, wodurch
der Luftdruck steigt.

Schwieriger wird es, wenn man klare Korrelationen mit thermischen
Effekten sucht, die zudem auch noch jahreszeitliche Schwankungen
aufweisen. Dennoch lassen sich zumindest für die außertropischen
Bereiche Beispiele finden wie zum Beispiel das Azorenhoch, wo das
Absinken subtropischer Warmluft für eine nahezu ständige Regeneration
an ähnlicher Stelle sorgt. Genau dieses Absinken sorgt für eine
Stabilisierung der Luftsäule, also eine stabile Schichtung.

Bei Tiefdruckgebieten ist umgekehrt eine Labilisierung der Schichtung
notwendig, damit die Luft zum Aufsteigen gezwungen wird und der
Luftdruck fällt. Solche Bedingungen findet man, wie wir gesehen haben
im Lee der Gebirge vor.

Bei Tiefdruckgebieten ist die thermische Beurteilung im Allgemeinen
allerdings deutlich schwieriger, da diese oft von dynamischen
Faktoren überlagert sind.

Zusammenfassend kann man sagen, dass es bezüglich der klimatischen
Korrelation von Orografie mit der Zyklo- und Antizyklogenese gute
Übereinstimmung gibt. In Bezug auf die Korrelation mit der
atmosphärischen Schichtung (ausgedrückt über die potentielle
Temperatur) sind die Zusammenhänge schwächer erkennbar und zudem noch
jahreszeitlichen Schwankungen unterworfen.

Dr. rer. nat. Jens Bonewitz
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 20.07.2019

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