Thema des Tages

11-08-2019 08:50

Europa - (meteorologisch) zweigeteilt

Heute geht es im Thema des Tages um die aktuellen
Temperaturunterschiede in Europa und die dafür verantwortliche
Polarfront.

Aktuell kann man über Europa ein starkes Nord-Süd-Gefälle der
Temperaturen erkennen. In Nordeuropa, aber auch in Großbritannien und
Irland sowie in den Baltischen Staaten bekommen die Höchstwerte einen
leicht spätsommerlichen bzw. frühherbstlichen Touch, liegen die
Maxima dort doch nur noch um oder etwas über 20 Grad. Dem stehen der
Mittelmeerraum und Südosteuropa gegenüber, wo die Spitzenwerte noch
bei hochsommerlichen 30 Grad, gebietsweise sogar in richtig heißen
Regionen von nahe 40 Grad liegen.

Der Grund für diese - zugegebenermaßen nicht untypische -
Temperaturverteilung ist in der Lage der Polarfront zu suchen. Die
Polarfront ist, wie der Namensteil "Front" vermuten lässt, eine
Luftmassengrenze. Sie trennt kalte Luftmassen polaren oder subpolaren
Ursprungs von warmen oder heißen Luftmassen subtropischen Ursprungs.


Um die genaue Position der Polarfront zu finden, kann man in
meteorologischen Karten nach Regionen suchen, in denen sich bestimmte
charakteristische Größen der Luftmasse ändern. Das kann z.B. die oben
angesprochene Temperatur sein, es könnte aber auch die Feuchte sein
oder die vertikale Schichtung innerhalb der Luftmasse.

Wir wollen heute aber einen anderen Weg gehen. Denn die Polarfront
gibt sich oft auch über ein Starkwindfeld in höheren Luftschichten zu
erkennen, den sogenannten Jet. In der beigefügten Grafik (zu finden
unter https://www.dwd.de/DE/wetter/thema_des_tages/2019/8/11.html)
ist der Jet in einer Höhe von etwa 9 km als breites, rot-grünliches
Band zu erkennen. Dabei sind die Windgeschwindigkeiten im
rot-violetten Bereich am höchsten und erreichen bis zu 250 km/h.

Der Jet und damit auch die Polarfront erstrecken sich am heutigen
Sonntagmorgen (11.08.) vom Norden Portugals in einem weiten Bogen
über Nordfrankreich und den Norden Deutschlands bis nach
Weißrussland. Damit ist auch recht gut der Bereich umrissen, in dem
die Temperaturen von Nord nach Süd rasch zunehmen. Dies kann man
deutlich über Osteuropa sehen, wo im Baltikum nur Werte um 22 Grad,
im polnisch-ukrainischen Grenzgebiet dagegen Werte bis 30 Grad
erreicht werden. Auch der Temperaturgegensatz zwischen Nord- und
Südfrankreich ist nicht zu verachten. Die Temperaturen im Bereich des
Jets ähneln dabei eher denen über Nord- als denen über Südeuropa. Der
Grund hierfür ist die im Bereich des Jets teils dichte Bewölkung,
durch das Aufgleiten der von Süden kommenden Warmluft auf die von
Norden kommende Kaltluft entsteht und die in der Folge die
Einstrahlung dämpft.

Jetzt stellt sich natürlich die Frage, wohin sich die Polarfront
verlagert. Nach Norden, sodass wir wieder in den Bereich der warmen
Luft kommen? Oder nach Süden, was einen Temperaturrückgang bedeuten
würde?

Kurzfristig kann sich heute und Morgen über dem Süden und Teilen der
Mitte noch einmal die Warmluft durchsetzen, verbunden allerdings auch
mit Schauern und teils kräftigen Gewittern. Für eine längerfristige
Antwort muss man auf die Speisekarte unserer Wetterküche schauen, und
unsere Wetterküche ist ja bekanntlich der Atlantik. Dort schiebt sich
subpolare Luft südwestlich von Irland weit nach Süden, und diese wird
dann in den kommenden Tagen auch zu uns gesteuert. Damit wird - nach
jetzigem Stand - ab dem kommenden Dienstag die 25-Grad-Marke bei uns
wohl nicht mehr erreicht werden.

Dipl.-Met. Martin Jonas
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 11.08.2019

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