Thema des Tages

19-08-2019 09:50

Kräftige Gewitter über Deutschland

Am gestrigen Sonntag entwickelten sich an einer quer über Deutschland
liegenden Luftmassengrenze teils kräftige Gewitter. Besonders die
Fallböen sorgten für erhebliche Schäden.

Am Sonntag, den 18.08.2019, lag eine Luftmassengrenze quasistationär
vom Südwesten bis in den Nordosten über Deutschland. Sie trennte
heiße Luft im Südosten von kühler und sehr feuchter Luft im
Nordwesten. An der Luftmassengrenze bildeten sich am Nachmittag
zunächst sporadisch Gewitter. Zum Abend hin nahm die
Gewitterintensität zu.

Über der Pfalz entwickelte sich eine Gewitterzelle zu einer
sogenannten Superzelle (vgl. Thema des Tages vom 14.07.2019:
https://www.dwd.de/DE/wetter/thema_des_tages/2019/7/14.html). Diese
zog dann einmal von West nach Ost über das Rhein-Main-Gebiet nach
Unterfranken und verursachte zum Teil erheblichen Sachschaden. Auf
ihrem weiteren Weg über Thüringen nach Sachsen schwächte sich die
Zelle zunächst ab, nahm aber auf Höhe der Zwickauer Mulde wieder
Fahrt auf und zog bis etwa Mitternacht über die Oberlausitz ostwärts
aus Deutschland heraus. Im Zusammenhang mit der Superzelle gab es
heftige Fallböen, Hagel mit Korngrößen bis zu 3 cm und kurzzeitig
starken Regen.

Fallböen können bis zu 200 km/h erreichen und entstehen, wenn kalte
Luft in einem Gewitter nach unten fällt und auf den Boden trifft.
Ursache für die hohen Windgeschwindigkeiten ist eine durch
Abkühlungsprozesse hervorgerufene Beschleunigung der Luft in Richtung
Erdboden. Der Weg der nach unten fallenden Luft wird durch die
Erdoberfläche begrenzt und die nun zur horizontalen Ausbreitung
gezwungene Luft erzeugt heftige Böen am Boden. Oft erscheinen einem
Fallböen wie eine weiße Wand, denn in ihnen herrscht meist der
stärkste Niederschlag inklusive Hagel.

Abseits der Superzelle entwickelten sich sowohl im süddeutschen Raum
als auch im Osten teils kräftige Einzelzellen, diese waren ebenfalls
von heftigen Fallböen (gemessen bis 117 km/h) und kurzzeitigem
Starkregen sowie Hagel (2 bis 4 cm) begleitet. In der Nacht zum
Montag gab es an der sich nun langsam südostwärts verlagernden
Luftmassengrenze weitere, teils kräftige Gewitter über
Baden-Württemberg und Bayern, die sich zum Teil zu größeren
Gewitterkomplexen zusammenschlossen. Diese hielten bis in die frühen
Montagmorgenstunden an, brachten aber hauptsächlich Starkregen und
kaum noch Böen.

In den von Gewittern betroffenen Gebieten fielen oft binnen weniger
Minuten 10 bis 15 Liter pro Quadratmeter. So wurden innerhalb von 10
Minuten in Kahl am Main (BY) 13 Liter und in Darmstadt (HE) 10 Liter
Regen pro Quadratmeter registriert. In Boxberg in Sachsen wurden in 5
Minuten knapp 11 Liter pro Quadratmeter gemessen. Neben dem
kurzzeitig auftretenden starken Regen wurden schwere bis hin zu
orkanartigen Böen registriert. In Roth in Bayern wurden 117 km/h, in
Meiningen (TH) 95 km/h und in Wiesenburg (BB) 90 km/h gemessen. Da
Gewitter lokal unterschiedliche Auswirkungen haben können, lassen
sich stärkere Böen nicht ausschließen.

Die größten bisher bekanntgewordenen Schäden traten im
Rhein-Main-Gebiet auf. Dort deckten die Gewitter etliche Dächer ab
und entwurzelten zahlreiche Bäume. Ein Blitzschlag in das Stellwerk
der Deutschen Bahn in Walldorf verursachte Zugausfälle und
Verspätungen im Nah- und Fernverkehr. Aber auch in Brandenburg und
Sachsen wurden von Gewittern Dächer abgedeckt und Bäume entwurzelt.

Heute beruhigt sich das Wetter. Zwar gibt es im Süden noch
Regenfälle, Gewitter bilden aber die Ausnahme. Auch an der Nordsee
kann es vereinzelt noch Schauer oder Gewitter bilden, eine
Superzelle, wie am gestrigen Sonntag, wird aber nicht erwartet. Auch
in den kommenden Tagen ist in den meisten Regionen nicht mit
Unwettern zu rechnen. Südlich der Donau stellt sich eine
Dauerregenlage ein, bei der lokal bevorzugt im Alpenraum
unwetterartige Regenmengen auftreten können.

Dipl.-Met. Jacqueline Kernn
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 19.08.2019

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