Thema des Tages

24-09-2019 09:20

Die Ensembleprognose oder: Das Wies'n-Wetter zum Wochenende


Seit letztem Samstag läuft sie wieder, die Wies'n. Wird das kommende
Wochenende in München wettertechnisch ähnlich traumhaft wie das
letzte? Die Ensemblevorhersage gibt Aufschluss!


Wie Sie vermutlich mitbekommen haben, startete am vergangenen
Samstagmittag das 168. Münchner Oktoberfest. Bekanntlich findet die
Wies'n von Mitte/Ende September bis Anfang Oktober statt. Das war
allerdings nicht immer so, denn bis Ende des 19. Jahrhunderts wurde
das Fest tatsächlich, wie der Name vermuten lässt, im Oktober
gefeiert. Der Grund für die Vorverlegung war recht simpel: Man wollte
schlicht den sog. "Altweibersommer" ausnutzen, der zwischen Mitte
September und Anfang Oktober häufig trockene und warme Tage
verspricht.

Das hat zwar vergangenes Wochenende ziemlich gut hingehauen, doch in
dieser Woche zeigt sich das Wetter eher von seiner grauen und
wechselhaften Seite. Wie aber sieht es mit dem kommenden Wochenende
und der zweiten Wies'n-Woche aus? Kann man dazu überhaupt schon etwas
sagen? Jain! Das Zauberwort lautet "Ensemblevorhersage".

Die Genauigkeit der Wettervorhersage leidet (neben anderen Faktoren)
darunter, dass die weltweite Messstationsdichte zu gering ist und die
gewonnen Messdaten, die schließlich in ein computergestütztes
Wettermodell einfließen, nicht hundertprozentig genau sind
(Messungenauigkeiten). Je länger man mit diesem nicht exakten
Anfangszustand der Atmosphäre in die Zukunft rechnet, desto größer
wird die Unsicherheit der Prognose.

Um nun Aussagen über das zumindest grobe Wettergeschehen der nächsten
sieben (manchmal auch bis zu zehn) Tage machen zu können, werden die
Eingangsdaten minimal verändert, bevor das Wettermodell mit seinen
Berechnungen anfängt. Danach werden die Eingangsdaten wieder minimal
variiert und eine weitere Vorhersage erstellt. Dieser Vorgang wird
nun noch einige Male wiederholt (beim globalen Vorhersagemodel des
DWD (ICON) 40 Mal), sodass man am Ende nicht nur eine, sondern
mehrere, sprich ein ganzes Ensemble an Vorhersagen vor sich hat. Jede
dieser einzelnen Vorhersagen stellt also ein Mitglied dieses
Ensembles dar.

Da die Ausgangsdaten immer nur minimal verändert werden, zeigen die
Ensemblemitglieder in den ersten Prognosetagen häufig noch eine recht
ähnliche Wetterentwicklung, bevor sie mit zunehmender Vorhersagezeit
immer mehr voneinander abweichen. Liegen die Ensemblemitglieder eng
beieinander, kann die Vorhersage als relativ sicher angenommen
werden. Liegen sie dagegen weit auseinander, deutet das auf eine hohe
Unsicherheit des weiteren Wettergeschehens hin.

Blicken wir mal auf die Ensemblevorhersage des DWD-Prognosemodells
ICON für München und betrachten die Entwicklung des Niederschlags und
der Temperatur in rund 1500 m. Diese Temperatur wird gerne genommen,
da sie nahezu unbeeinflusst von bodennahen Effekten angesehen werden
kann.

Man sieht bei der Temperatur nun verschiedenfarbige Bereiche, die
sich allesamt innerhalb der beiden schwarz gestrichelten Linien
befinden. Innerhalb dieser Linien befindet sich also das gesamte
Ensemble. Sie stellen demnach die Extremwerte der Vorhersage dar,
d.h. die Temperaturentwicklung der nächsten Tage sollte sich auf
jeden Fall innerhalb der beiden Linien abspielen. Im Inneren des
Ensembles sehen wir einen dunkelblauen Bereich. Dieser enthält 50 %,
also die Hälfte aller Ensemblemitglieder. Das bedeutet, dass nur 25 %
der Vorhersagen dieses Ensembles höhere Temperaturwerte, weitere 25 %
dagegen niedrigere Werte für den betrachteten Zeitpunkt
prognostizieren. Der angrenzende etwas hellere Farbbereich enthält 80
% der Ensemblemitglieder, d.h. nur jeweils 10 % des Ensembles sagen
höhere bzw. niedrige Temperaturwerte voraus. Dass sich die Temperatur
in diesen oberen bzw. unteren 10 % des Ensembles bewegt, ist damit
recht unwahrscheinlich.

Die Beschreibung der Farbbereiche können Sie nun 1 zu 1 auf die
Ensemblevorhersage des Niederschlags anwenden, wobei sich die Mengen
immer auf die Regensumme der letzten sechs Stunden bezieht (5 mm um
12 Uhr (UTC) bedeutet also, dass für den Zeitraum zwischen 6 und 12
Uhr (UTC) eine Gesamtregensumme von 5 mm vorhergesagt wird).

Mit Blick auf das kommende Wochenende sieht man schnell, dass das
Ensemble für die Temperatur gerade zum Sonntag deutlich auffächert
und somit die Vorhersage sehr unsicher wird. Man kann aber doch
erkennen, dass der dunkelblaue Bereich, innerhalb dessen sich ja
immerhin 50 % der Ensemblemitglieder befinden, am Sonntag sowie auch
Anfang kommender Woche über dem Temperaturniveau für den morgigen
Mittwoch liegt. Tendenziell wird es also zum Wochenende hin wieder
etwas wärmer. Auch die Niederschlagsbalken zeigen für das Wochenende
vergleichsweise kurze Balken, was auf insgesamt eher trockenes als
verregnetes Wetter schließen lässt. Ob das aber auch für die kommende
Woche gilt, ist noch mehr als fraglich.


Dipl.-Met. Tobias Reinartz
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 24.09.2019

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