Thema des Tages

07-10-2019 09:50

Die zyklonale Westlage kommt!

In den kommenden Tagen stellt sich eine ausgeprägte (zyklonale)
Westlage ein, die klassische Wetterlage der mittleren Breiten. Erst
am Wochenende gibt es möglicherweise einen Hauch von "Goldenem
Oktober".

Bevor wir zur bevorstehenden Wetterlage kommen, werfen wir einen
Blick auf die vergangene Nacht und den heutigen Montagmorgen. In Ost-
und Norddeutschland klopfte vielerorts zum ersten Mal in diesem
Herbst Väterchen Frost an. Dort, wo für längere Zeit die Sterne am
Himmel funkelten, konnte die Luft bis zum Morgen mit 0 bis teils
unter -3 Grad verbreitet bis in den leichten Frostbereich abkühlen
(siehe Abb. 1). Am kältesten war es in Ostsachsen mit -3,8 Grad in
Sohland an der Spree. Direkt über dem Erdboden (genauer gesagt in 5cm
Höhe) wurden zum Teil sogar unter -5 Grad gemessen (z.B.: Baruth:
-5,4°C). Ganz anders sah es unter der dichten Wolkendecke im Westen
und Süden aus. Dort verhinderten die Wolken eine starke Auskühlung
der Luft, sodass mit Frühwerten von 9 bis 3°C Frost kein Thema war.
Soviel zur Vergangenheit.


Nachdem am heutigen Montag schwacher Zwischenhocheinfluss dominiert,
der vor allem im Norden und Osten sowie in Teilen der Mitte viel
Sonnenschein mit sich bringt, stellt sich ab dem morgigen Dienstag
die für mittlere Breiten klassische Wetterlage ein: die Westlage.
Auch wenn diese in den letzten beiden Jahren in Mitteleuropa
vergleichsweise selten vorkam, ist sie noch immer die
charakteristische Wetterlage der mittleren Breiten. Südlich von
Island etabliert sich ab dem morgigen Dienstag das kräftige steuernde
Tiefdruckgebiet PETER, das auch als "Islandtief" bekannt ist (großes
"T" in Abb. 2). An seiner Ostseite nimmt es noch weitere kleine
Randtiefs unter seine Fittiche (kleine "t"s). Demgegenüber hat sich
nordwestlich der Azoren ein auch als "Azorenhoch" bekanntes
Hochdruckgebiet gebildet. Auch über dem westlichen Mittelmeer sowie
in Osteuropa ist überwiegend hoher Luftdruck vorherrschend ("H"s).
Zwischen diesen Druckgebilden stellt sich eine recht glatte
Druckverteilung ein, d.h. die Isobaren (Linien gleichen Luftdrucks,
schwarze Linien in Abb. 2) verlaufen relativ geradlinig entlang der
Breitengrade von West nach Ost. Da sich die Luft bei einem
Tiefdruckgebiet gegen und im Hochdruckgebiet im Uhrzeigersinn dreht,
resultiert diese Luftdruckverteilung in einer westlichen Strömung
(blaue Pfeile) - daher der Begriff "Westlage".


Die Luft gelangt somit vom Atlantik nach Mitteleuropa, sodass die
Temperaturen Sommer wie Winter eher gemäßigt ausfallen (d.h. im
Sommer eher kühl, im Winter eher mild). Das Wetter kann sehr
unterschiedlich sein. Liegen die relevanten Druckgebilde relativ weit
nördlich, dann überwiegt in Mitteleuropa der Einfluss des Azorenhochs
und man spricht von einer "antizyklonalen" (also hochdruckgeprägten)
Westlage, bei der nur wenig oder kein Niederschlag zu erwarten ist.
Sind die Druckgebilde weiter südlich verortet, können hingegen
häufiger Frontensysteme bis nach Deutschland vordringen. Das Wetter
gestaltet sich dadurch wechselhaft und man spricht von einer
"zyklonalen" (also tiefdruckgeprägten) Westlage.


In dieser Woche hat die Wetterlage einen zyklonalen Wettercharakter.
Bereits in der kommenden Nacht zum Dienstag greift von Westen her das
Frontensystem des isländischen Zentraltiefs PETER auf Deutschland
über und es setzt von West nach Ost fortschreitend Regen ein. Während
am morgigen Dienstag in der Nordhälfte die Front samt Regen rasch
nach Osten abzieht, gerät sie in der Südhälfte ins Schleifen, sodass
es dort tagsüber und bis in die Nacht zum Mittwoch anhaltend und
zeitweise auch kräftig regnen kann. Auch in Küstennähe können sich
einzelne Schauer bilden, aus denen es vereinzelt auch mal blitzen
kann. Am Mittwoch und Donnerstag setzt sich das wechselhafte Wetter
mit Schauern und einzelnen kurzen Gewittern fort und es bleibt (wie
bereits am Dienstag) mit 11 bis 17 Grad eher kühl. Abb. 3 zeigt
abschließend die zu erwarteten Regensummen bis Samstag 0 UTC,
berechnet mit dem deutschen Modell ICON-EU. Die feuchte Meeresluft
und die schützende Wolkendecke haben dafür relativ milde Nächte zur
Folge, Frost ist also ab der Nacht zum Mittwoch auch im Osten nicht
mehr zu erwarten.


Zum Ende der Woche deutet sich dann aber eine Wetterbesserung an. Dem
steuernden Islandtief geht mehr und mehr die Puste aus und die
Luftströmung dreht allmählich auf südwestliche Richtungen. Unter
zunehmendem Hochdruckeinfluss kann sich schon am Freitag im Süden
häufiger die Sonne zeigen. Am kommenden Wochenende setzt sich
voraussichtlich auch in den übrigen Landesteilen der "Goldene
Oktober" mit viel Sonnenschein und recht milden Temperaturen bis 20
Grad durch, nur der Norden bleibt nach aktuellem Stand weiterhin
etwas benachteiligt.


Dr. rer. nat. Markus Übel (Meteorologe)
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 07.10.2019

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