Thema des Tages

04-12-2019 09:20

Wenn es funkt...

Haben Sie auch schon mal einen "gewischt" bekommen? Gerade im Winter
sind solche elektrischen Schläge keine Seltenheit. Aber warum
eigentlich?


Kennen Sie das? Sie geben jemandem die Hand oder wollen nach dem
Aussteigen die Autotür zuschlagen und Zack, bekommen Sie einen
"gewischt". Wenn Sie mal genauer darüber nachdenken, werden Sie
vermutlich feststellen, dass Sie besonders im Winter "Opfer" dieser
elektrischen Schläge wurden.

Der Grund hierfür ist recht simpel: Die Luft ist im Winter trockener
als im Sommer - zumindest was den absoluten Feuchtegehalt angeht. Das
liegt daran, dass sie in den Wintermonaten im Normalfall deutlich
kälter ist als im Sommer und somit weniger Wasserdampf aufnehmen
kann. Während beispielsweise 1 m³ Luft bei 20 Grad 17 g Wasserdampf
speichern kann, sind bei 0 Grad nur noch maximal 5 g möglich. Bei -10
Grad reichen schon etwa 2 g Wasserdampf um 1 m³ Luft "satt" zu
bekommen.

Mit Blick auf den vergangenen, zum Teil doch sehr vernebelten und
daher recht (luft-)feuchten November, könnte man jetzt natürlich sehr
starke Zweifel an der Aussage hegen, die Luft im Winter sei trockener
als im Sommer. Und diese Zweifel sind - relativ betrachtet -
definitiv korrekt. Die sog. relative Feuchtigkeit gibt nämlich das
Verhältnis zwischen der tatsächlich in der Luft befindlichen
Wasserdampfmenge und der bei denselben Bedingungen maximal möglichen
an. Trägt sie diese Maximalmenge in sich, ist sie gesättigt, wie man
im Fachjargon sagt. Ihre relative Feuchte beträgt dann 100 % und es
bilden sich Wolken oder Nebel und gerade letzteren trifft man im
Winter erfahrungsgemäß recht häufig an.

Obwohl die Luft im Winter also absolut gesehen trockener ist als im
Sommer, muss das relativ betrachtet nicht zwingend zutreffen, ganz im
Gegenteil. Innerhalb von beheizten Räumen sieht das aber deutlich
anders aus. Durch diverse Verdunstungsprozesse ist die Luft innerhalb
eines Raums mit einem gewissen Feuchtegehalt angereichert. Beim
Lüften wird diese durch kalte Luft ersetzt, die eine geringere
(absolute) Wasserdampfmenge vorweist. Erwärmt man sie nun wieder auf
dieselbe Raumtemperatur wie vor dem Lüften, ist sie in der Folge
trockener.

Zurück zur Elektrik! Unser Körper lädt sich tagtäglich auf,
beispielweise durch die Reibung von Kleidung auf der Haut.
Gleichzeitig stehen wir aber auch in ständigem Ladungsaustausch mit
der Luft. Dieser Austausch klappt umso besser, je feuchter die Luft
ist. Im Umkehrschluss bedeutet das natürlich, dass er bei trockener
Luft deutlich gehemmter vonstattengeht. Unser Körper lädt sich dann
also mehr und mehr auf, bis er schließlich etwas findet, über das der
Ladungsüberschuss abfließen kann. Das kann dann eben die Autotür oder
die Hand des Gegenüber sein. Aber wie auch immer, die Entladung
erfolgt im wahrsten Sinne des Wortes "schlagartig".

Gefährlich ist dieser kleine Stromschlag übrigens nicht, es gibt aber
sicherlich angenehmeres. Wenn Sie das Risiko, einen "gewischt" zu
bekommen, minimieren möchten, sollten Sie also für ausreichend
Luftfeuchtigkeit im Raum sorgen. Zu viel Feuchtigkeit ist aber
wiederum auch keine gute Idee, denn dann könnte jemand anderes zum
großen Schlag ausholen: der Schimmel...


Dipl.-Met. Tobias Reinartz
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 04.12.2019

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