Thema des Tages

09-12-2019 09:20

Physik zum Anfassen: Der Flaschennebel

Viele kennen den Effekt: Beim Öffnen einer Sektflasche bildet sich
kurzzeitig ein weißgrauer Nebel im Flaschenhals. Aber warum
eigentlich? Und wussten Sie schon, dass dieser Nebel sogar blau
erscheinen kann?


Nicht mehr lange, dann werden neben Feuerwerk auch wieder zahlreiche
Sektkorken durch die Luft fliegen und damit das neue Jahr einläuten.
Nur die wenigsten ?Schützen? werden sich vermutlich beim
Flaschenöffnen über die hochphysikalischen Prozesse Gedanken machen,
die man dabei in Gang gebracht hat.

Haben Sie sich zum Beispiel schon einmal gefragt, warum sich im und
über dem Flaschenhals direkt nach dem Öffnen Nebel bildet? Und
wussten Sie schon, dass dieser Nebel nicht nur weißgrau, sondern
sogar blau erscheinen kann?

Der Grund hierfür ist der deutlich stärkere Druck innerhalb der
Flasche im Vergleich zur Umgebung. Öffnet man die Flasche nun,
schießt die Luft förmlich aus ihr heraus und dehnt sich rasend
schnell aus. Dadurch kühlt sie aber auch ebenso schlagartig ab und
zwar sogar so stark, dass der in der Flaschenluft enthaltene
Wasserdampf zu kleinen Eiskristallen gefriert, die wiederum
weißgraues Licht reflektieren, was wir schließlich als Nebel
wahrnehmen.

Ob der Nebel nun weißgrau oder eben sogar blau erscheint, hängt von
der Temperatur des Sekts (oder auch des Biers, der Limo, etc.) ab. Je
höher diese ist, desto stärker ist auch der Druck innerhalb der
Flasche. Logischerweise schießt dann die Luft in der Flasche beim
Öffnen noch schneller heraus und kühlt dadurch auch noch mehr ab.

In einer Studie fanden die französischen Wissenschaftler Liger-Belair
et al. heraus, dass bei einer Flaschentemperatur von 20 Grad ein
Druck von rund 7,5 bar innerhalb der Flasche herrschte. Zum
Vergleich: Der Luftdruck, dem wir tagtäglich ausgesetzt sind, liegt
etwa bei 1 bar. Beim Öffnen der Flasche kühlte die Luft dabei
vorübergehend auf -90 Grad ab, wodurch das in ihr befindliche
Kohlendioxid zu kleinen Trockeneisteilchen resublimierte (direkter
Übergang vom gasförmigen in den festen Zustand). Das Ergebnis war ein
blauer Nebel.

Wurde die Flasche dagegen auf (deutlich trinkbarere) sechs Grad
herunter gekühlt, lag der Druck innerhalb der Flasche bei "nur" 4,5
bar. Beim Öffnen der Flasche fiel die Temperatur der Sektluft auf ca.
-78 Grad, wodurch sich nahezu ausschließlich der Wasserdampf und
nicht das Kohlendioxid in kleine Eisteilchen verwandelte. Weißgrauer
Nebel war die Folge. Temperierten die Forscher die Flasche irgendwo
dazwischen, traten beide Effekte in abgeschwächter Form auf.

Vielleicht denken Sie ja zum Jahreswechsel (oder wann auch immer Sie
sich ein Sektchen gönnen möchten) an die Hintergründe des
Nebelphänomens. Mit diesem Wissen lässt sich sicherlich auch schön
vor Freunden angeben ;-)


Dipl.-Met. Tobias Reinartz
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 09.12.2019

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