DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

12-12-2019 17:01
SXEU31 DWAV 121800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 12.12.2019 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
WIND: In der ersten Nachthälfte der Nacht zum Freitag aus Süd bis Südost
auffrischend, Sturmböen Bft 8/9 im höheren (westlichen und nördlichen) Bergland
sowie an der Nordsee, auf exponierten Berggipfeln (Brocken, Feldberg) schwere
Sturmböen Bft 10. In der zweiten Nachthälfte dann auch im zentralen Bergland in
Hochlagen Sturmböen.
Im Laufe des Freitags im Süden sowie vorübergehend an der Ostsee Wind- und
stürmische Böen bis Bft 8 (Binnenland in freien Lagen). "Böhmischer Wind" mit
Böen Bft 7, vereinzelt 8. Am Abend noch im südwest- und süddeutschen Bergland in
Hochlagen sowie ansonsten auf exponierten Gipfeln Sturmböen Bft 8/9, Brocken Bft
10. Ausgangs der Nacht im Südwesten und ganz im Westen wieder auffrischend mit
Böen Bft 8/9 im Bergland, im Schwarzwald und auf Alpengipfeln Bft 10 exponiert
Bft 11.
Am Samstag von Westen bis etwa zur Elbe und Unterweser ausgreifend verbreitet
bis in tiefe Lagen sowie an der Nordsee Sturmböen Bft 8/9. Auf Berggipfeln
schwere Sturmböen Bft 10, exponiert Bft 11. Nachfolgend abflauend, am Abend und
in der Nacht zum Sonntag an der See und im höheren Bergland weiterhin Sturmböen
Bft 8/9. Ausgangs der Nacht zum Sonntag im Nordwesten erneute Windzunahme,
Gefahr von Böen Bft 9/10 an der Nordsee. Tagsüber auch auf die Ostsee
übergreifend. In höheren Berglagen weiterhin Sturmböen Bft 8/9, exponiert Bft
10.

SCHNEEFALL: In der zweiten Nachthälfte im Westen einsetzender Schneefall,
ausgangs der Nacht bis auf Teile der Mitte übergreifend. Im Bergland 5 bis 10,
in Staulagen auch mehr als 10 cm Schnee innerhalb von 12 Stunden. Im
Hochschwarzwald in Gipfellagen vorübergehend Gefahr von Verwehungen. Im Laufe
des Freitags auch in den Hochlagen der zentralen Mittelgebirge mehr als 10 cm
Neuschnee möglich.
Am Samstag in den Hochlagen der östlichen Mittelgebirge mehr als 10 cm Schnee
innerhalb von 12 Stunden.

Synoptische Entwicklung bis Sonntag 12 UTC
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Aktuell ... liegt Deutschland unter einem Trog, der über die Alpen hinweg bis
nach Italien reicht. Diesem folgt in zyklonaler Steuerung ein weiterer Trog, der
sich zunächst über den Britischen Inseln noch intensiviert. Zwischen beiden
Trögen ist ein flacher Rücken zu finden, der für Absinken und damit zu
Auflockerungen sorgt. Allerdings wird dieser Rücken rasch von Warmluftadvektion
überlaufen, wodurch Wolkenaufzug einsetzt. Im Zusammenspiel mit positiver
Vorticityadvektion wird zusätzliche Hebung generiert, so dass (wahrscheinlich
bereits kurz vor) Mitternacht ganz im Westen Niederschläge einsetzen. Diese
greifen bis Freitagfrüh auf Teile der Mitte über. Bei Temperaturen in 850
hPa-Niveau, die zwischen 0 und -3 Grad liegen, fallen diese Niederschläge
anfangs bis in tiefe Lagen als Schnee, wobei auch unterhalb von 400 m einige bis
etwa 5 cm Schnee zusammenkommen können und somit Glättegefahr besteht. Oberhalb
davon sind 5 bis 10 cm, in Staulagen (Schwarzwald, Schneifel, Hunsrück) sind
auch mehr als 10 cm Schnee möglich. Für eine länger andauernde Schneephase
spricht zum einen die zunächst noch vorhandene südöstliche bodennahe
Windkomponente, zum anderen eine annähernde Isothermie in der Grundschicht,
wobei dann auch noch die durch den Niederschlag bedingte Abkühlung zu
berücksichtigen ist. Zudem besteht in den Hochlagen des Schwarzwaldes oberhalb
von etwa 1000 m, wo der Schnee hinreichend trocken ist, vorübergehend die Gefahr
von Verwehungen. Bis Freitagfrüh arbeiten sich die Niederschläge mit zunächst
abnehmender Tendenz bis auf Teile der Mitte vor. Nordöstlich der Linie Emsmündug
- Vogtland und östlich der Verbindung Vogtland - Allgäu dürfte es bis
Freitagfrüh noch, abgesehen von leichten Schauern vor allem im östlichen
Mittelgebirgsraum in der ersten Nachthälfte, weitgehend trocken bleiben.
Im Südwesten in tieferen Lagen (Hochrhein, Bodenseegebiet, obere Donau,
Schwaben, nicht aber Oberrhein) kann ausgangs der Nacht sowie in den Frühstunden
des Freitags gefrierender Regen nicht ganz ausgeschlossen werden. Dabei dürfte
es sich hierbei nur um eine vorübergehende Erscheinung handeln. Die
Niederschläge gehen in diesen Gebieten rasch in Schnee über. Zudem wird die
kalte Grundschicht durch die einsetzende Durchmischung alsbald zerstört.
Mit der Annäherung des mit dem Trog korrespondierenden kräftigen Tiefs, das bis
Freitagfrüh auf die westliche Nordsee übergreift, legt der Gradient zu und der
Wind frischt auf. Ab dem Abend treten an der Nordsee und im westlichen Bergland
Windböen Bft 7, exponiert erste stürmische Böen Bft 8 auf. In der Nacht zum
Freitag sind dann auch bis in tiefe Lagen einzelne Windböen Bft 7 möglich. Dann
frischt auch in den zentralen und östlichen Mittelgebirgen der Wind in Böen
stürmisch auf, in Kamm- und Gipfellagen sind dann Sturmböen Bft 8/9 und
exponiert (Brocken, Feldberg/Schw.) schwere Sturmböen zu erwarten. Während in
der ersten Nachthälfte Sturmböen Bft 8/9 auf einige Abschnitte der Nordseeküste
beschränkt sind, kommen bis Freitagfrüh auch an der Ostsee Wind- und stürmische
Böen Bft 7/8 auf.

Freitag ... gelangt Deutschland in den Bereich des "neuen", von Westen
übergreifenden Troges. Dieser stößt gleichzeitig über die Westalpen nach Süden
vor, was über Oberitalien und der Adria eine markante Zyklogenese in Gang
bringt. Bedingt durch die Labilisierung im Trogbereich nehmen die Niederschläge
einen konvektiven Charakter an. Aufgrund der weiterhin vorhandenen positiven
Vorticityadvektion wird die Kaltluftadvektion als Dämpfer für die Hebung kaum
wirksam. Vielmehr sind weitere schauerartige Niederschläge zu erwarten. Die
Schneefallgrenze liegt zwischen 400 und 600 m, wobei oberhalb von 800 bis 1000 m
der Schnee liegen bleibt. In den Staulagen der zentralen Mittelgebirge sowie des
Schwarzwaldes können um 10 cm Schnee innerhalb von 12 Stunden zusammenkommen.
Bis zum Abend arbeiten sich die Niederschläge unter Abschwächung etwa bis zur
Elbe vor. Nordöstlich davon bleibt es noch trocken.
An der Südflanke des auf die Nordsee übergreifenden Tiefs zieht der Gradient an.
Da der Norden eher in den schwachgradientigen Bereich dieses Tiefs gelangt, sind
von der Gradientzunahme die Mitte und der Süden betroffen. Vor allem im
Südwesten können bis in tiefe Lagen Windböen Bft 7 auftreten. Im Bergland sind
durch Sturmböen Bft 8/9, auf exponierten Gipfeln (Brocken, Feldberg,
Alpengipfeln) schwere Sturmböen Bft 10 zu erwarten. Bedingt durch den
Leitplankeneffekt sind auch im Alpenvorland stürmische Böen nicht ganz
auszuschließen. Dasselbe trifft im Hinblick auf den "Böhmischen Wind" auch auf
Teile der Lausitz zu. An der Küste ist aufgrund der Windrichtung (aus Südost)
der Wind ablandig. Hierdurch können anfangs noch Wind- und auf der offenen See
sowie auf Inseln stürmische Böen auftreten. Mit Annäherung des Tiefs ist ab dem
Abend an der Küste der Wind wahrscheinlich nicht mehr warnrelevant.
Ein paar Auflockerungen kommen allenfalls noch im Nordosten zustande. Ansonsten
hält sich geschlossene und meist mehrschichtige Bewölkung. Die
Tageshöchsttemperaturen erreichen in der relativ gut durchmischten Luftmasse 0
bis 4, im Rheinland und in Oberrheinnähe bis +6 Grad.
In der Nacht zum Samstag setzt sich nach Austropfen des Troges und Abzug des
Residuums über Mitteleuropa die gut organisierte Frontalzone durch. Darin
eingelagert ist eine flache Welle, die Ansätze zur Okklusion zeigt und die
ausgangs der Nacht den Westen Deutschlands erfasst. Mit dieser Welle setzen
erneut Niederschläge ein, die anfangs bis in tiefe Lagen als Schnee oder
zumindest mit Schnee vermischt fallen können. Im Westen und Südwesten steigt die
Schneefallgrenze jedoch rasch auf 600 bis 1200 m an, was die Niederschläge
alsbald in die flüssige Phase übergehen lässt. In den zentralen Mittelgebirgen
kann es zuvor noch einmal um 5 cm Neuschnee geben. Mit dem Übergreifen der Welle
auf das Rheindelta erfolgt im Westen eine erneute Gradientzunahme. Im Südwesten
und ganz im Westen kommen bis in tiefe Lagen Windböen auf, im Bergland (in den
zentralen Mittelgebirgen zunächst nur in Hochlagen) sowie auf Alpengipfeln sind
Sturmböen Bft 8/9 und exponiert (Brocken, Feldberg im Schwarzwald) schwere
Sturm- und orkanartige Böen Bft 10/11 zu erwarten. Glätte sollte dann auf die
Kamm- und Gipfellagen der Mittelgebirge beschränkt bleiben.

Samstag ... liegt Deutschland im Bereich der zonal ausgerichteten Frontalzone.
Die darin eingelagerte okkludierende Welle wird rasch ostwärts gesteuert, mit
Abzug des Troges nimmt die Zyklonalität ab (von einem antizyklonalen Gepräge
kann noch keine Rede sein). Daher kommt es noch zu weiteren Niederschlägen, die
zum Teil leicht konvektiv geprägt sind, aber mit abnehmender Tendenz, was die
Niederschlagsmenge betrifft. Die Schneefallgrenze liegt zwischen 600 und 800 m
im nördlichen und zentralen Mittelgebirgsraum und steigt zu den Alpen hin auf
etwa 1400 m an. Oberhalb davon kommen durch wiederholte Schauer einige bis etwa
5, in den Kamm- und Gipfellagen der östlichen Mittelgebirge bis etwa 10 cm
Schnee innerhalb von 12 Stunden hinzu. Aufgrund der relativ hoch liegenden
Schneefallgrenze wären somit nur für die Hochlagen entsprechende Warnungen
erforderlich. Etwas mehr Aufmerksamkeit ist demnach der Windentwicklung zu
widmen. Bedingt durch die okkludierende Welle, die über die mittleren Regionen
Deutschlands hinweg nach Osten abläuft, erfolgt südlich davon eine markante
Gradientznahme. Nach Abzug der Welle über die Lausitz hinweg ostwärts legt auch
in den mittleren Teilen Deutschlands der Gradient zu. In freien Lagen sind daher
stürmische (Bft 8) und weiter nach Süden hin (bedingt durch den
Leitplankeneffekt vorzugsweise im Alpenvorland) Sturmböen Bft 9 zu erwarten. Im
Bergland gibt es durchweg Sturm- und schwere Sturmböen Bft 9/10, exponiert
(Schwarzwald, Alpengipfel) auch orkanartige Böen Bft 11. Nach Abzug der Welle
kommen auch im Nordwesten Wind- und stürmische Böen Bft 7/8 auf, an der Nordsee
setzen Böen bis Sturmstärke ein. Im Tagesverlauf frischt auch an der Ostsee der
Wind auf und erreicht in Böen Sturmstärke (Bft 8/9). An der Nordsee können dann
auch schwere Sturmböen nicht ganz ausgeschlossen werden. In höheren Berglagen
muss noch bis zum Abend mit Sturmböen Bft 8/9 gerechnet werden.
Ein paar Wolkenlücken sind am ehesten in Richtung Alpen und ganz im Westen
möglich. Ansonsten hält sich meist geschlossene Bewölkung. In der gut
durchmischten Grundschicht steigt die Temperatur auf 4 bis 8, am Oberrhein bis
10 Grad.
In der Nacht zum Sonntag greift nach einer vorübergehenden Wetterberuhigung ein
weiteres Frontensystem auf das Vorhersagegebiet über. Hierdurch setzen erneut
Niederschläge ein, wobei bis in die Kamm- und Gipfellagen der Mittelgebirge die
flüssige Phase zu erwarten ist. Allenfalls in den Kamm- und Gipfellagen der
östlichen Mittelgebirge kann anfangs noch Schnee fallen. Zudem legt dann der
Gradient auch wieder zu, so dass im Nordwesten und Westen bis in tiefe Lagen
Windböen aufkommen. In den westlichen, südwestdeutschen und ausgangs der Nacht
auch in den zentralen und nördlichen Mittelgebirgen sind Sturmböen Bft 8/9 und
in exponierten Gipfellagen schwere Sturmböen Bft 10 zu erwarten. In den
Hochlagen der östlichen Mittelgebirge setzen vorerst nur stürmische Böen ein.

Sonntag ... überquert das o.g. Frontensystem rasch den Norden Deutschlands,
wobei sich nach Süden hin ein Schleifen, möglicherweise sogar mit der Bildung
von Wellen, abzeichnet. Die Schneefallgrenze liegt hinreichend hoch, so dass die
feste Phase sehr wahrscheinlich nicht warnrelevant ist. Auch in Bezug auf die zu
erwartenden Niederschlagssummen ergeben sich keine Mengen (auch in Staulagen
nicht), die entsprechende Warnungen erforderlich machen würde. Auf der Rückseite
des abziehenden Frontensystems, d.h. im Norden und im Tagesverlauf auch in den
mittleren Gebieten sind auch größere Auflockerungen vorstellbar. Problematisch
ist noch die Lage der Frontalzone (also der Bereich, wo zeitweise Niederschläge
zu erwarten sind). Hier wird dieser Bereich nach EZMW etwa 100 km weiter
nördlich positioniert als nach ICON; GFS liegt etwa dazwischen.
Auf der Rückseite des abziehenden Frontensystems folgt ein Bodentrog nach.
Dieser führt im Norden und in Teilen der Mitte zu einer erneuten
Gradientzunahme, wodurch Wind- und in freien Lagen stürmische Böen aufkommen. Im
Norden erfolgt durch einen in der Frontalzone eingelagerten Kurzwellentrog eine
Labilisierung. Im 500 hPa-Niveau sinkt die Temperatur auf -33 Grad, so dass
Schauer, in Küstennähe durchaus auch kurze Gewitter, auftreten können. Diese
können auch mit Graupel vermischt sein. Bei einem Oberwind, der im 850
hPa-Niveau 60 kt erreicht, sind in Verbindung mit kräftigeren Schauern oder
kurzen Gewittern schwere Sturmböen vorstellbar. Ansonsten besteht in der Mitte
und im Süden in höheren Berglagen nach wie vor die Gefahr von Sturmböen. Mit der
Verlagerung des Bodentroges nach Osten wird der Gradient im Binnenland wieder
auseinandergezogen, so dass es abseits der Gebirge (wo in Gipfellagen noch
stürmische Böen auftreten können) windschwach bleibt. Im küstennahen Binnenland
treten aber auch am Abend noch Windböen, an der See Sturmböen Bft 8/9 und vor
allem an der Vorpommerschen Ostseeküste noch schwere Sturmböen bis Bft 10 auf.
Gegenüber den Vortagen ist bei weiterhin gut durchmischter Luftmasse ein
Temperaturanstieg auf 7 bis 13 Grad, im Alpenvorland und am Oberrhein auch etwas
darüber, zu erwarten.


Modellvergleich und -einschätzung
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Die vorliegenden Modelle zeigen eine weitgehend ähnliche Entwicklung. Anhand der
synoptischen Basisfelder lassen sich keine prognoserelevanten Abweichungen
ableiten. Auf die Unterschiede hinsichtlich der Lage der Schleifzone am Sonntag
ist bereits weiter oben hingewiesen worden.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Thomas Schumann