Thema des Tages

16-12-2019 09:20

Milder bis frühlingshafter Start in die dritte Adventswoche

Wie schon in manchen Vorjahren ist die unmittelbare Vorweihnachtszeit
auch dieses Jahr durch eine milde bis sehr milde Wetterlage geprägt.
Zweistellige Höchstwerte sind verbreitet wahrscheinlich, örtlich sind
20 Grad möglich.

Das Adjektiv "winterlich" kann der diesjährigen Adventszeit nicht
wirklich verliehen werden. Es gab zwar ab und zu einen Hauch von
Schnee, Eis und Frost, mehr als ein episodenhaftes Auftreten kann
aber nicht konstatiert werden. Allerdings selbst diese zeitlich
beschränkten und wenig gravierenden winterlichen Erscheinungen
führten am Ende der vergangenen Arbeitswoche in Teilen des Südens und
der Mitte zu Einschränkungen im Straßenverkehr. Am Wochenende war
dieser Schnee-Spuk aber dann schon wieder vorbei.

Während der nun anbrechenden neuen Woche wird sich an dieser milden
Tendenz nicht viel ändern. Am Rande von Tiefdruckgebieten über West-
und Südwesteuropa stellt sich nämlich eine südwestliche bis südliche
Strömung ein. Kenner der Materie wissen bereits aus diesen wenigen
Worten, dass damit ein möglicher Winter erstmal in weite Ferne rückt.
Der Luftmassenursprung befindet sich nämlich bei einer solchen
Wetterlage in Südeuropa sowie im nördlichen Afrika. Dementsprechend
wird es in den nächsten Tagen in weiten Teilen Deutschlands sehr
mild, in manchen Regionen des Südens fast schon frühlingshaft.

Der wärmste Tag der Woche dürfte eindeutig der morgige Dienstag
werden, wobei der Wärmeschwerpunkt generell in den südlichen und
mittleren Landesteilen zu finden ist. Verantwortlich dafür ist primär
die herangeführte Luftmasse, die gut mit den Temperaturverhältnissen
in einem Niveau von etwa 1500 m charakterisiert werden kann (diese
Seehöhe entspricht in der meteorologischen Betrachtungsweise ungefähr
dem Niveau der 850 hPa-Fläche). Fokussiert man sich auf die Regionen
südlich des Mains, sieht man, dass die Luftmasse in 850 hPa einen
Temperaturwert von etwa +9 bis +13 Grad aufweist. Das sind zur
aktuellen Jahreszeit keine alltäglichen Werte, immerhin liegen diese
fast 15 Kelvin über den klimatologischen Mittelwerten.

Doch wie hilft diese Luftmassencharakteristik nun auf die Schnelle
weiter? Im Sommer kann bei guten Durchmischungsverhältnissen
(konvektiver Austausch) mit dem Temperaturniveau in 850 hPa und ein
paar Korrekturen sehr gut das Potential für den jeweiligen
Tageshöchstwert abgeschätzt werden. Im Winter ist dies nicht so
trivial, da sich die milde Luftmasse oft nicht in den kalten Tälern
und Becken durchsetzen kann (Stichwort "Inversion", siehe Links bzw.
DWD-Lexikon). Allerdings wirken diese Woche noch andere Effekte, die
eine gute Durchmischung der unteren Troposphäre sicherstellen werden.
In Alpennähe stellt sich nämlich aufgrund der südlichen Anströmung
eine Föhnwetterlage ein. Diese sorgt dafür, dass sich die Luftmasse
aus höheren Atmosphärenschichten auch in tieferen Lagen durchsetzen
kann. Hilfreich dafür ist die noch ausbleibende Schneedecke im
Alpenvorland, denn diese würde jene Kältepolster erzeugen, die einer
guten Durchmischung entgegenwirken könnten.

Die Bestimmung der potentiell möglichen Höchsttemperatur ist bei den
eben geschilderten Randbedingungen nun recht einfach. Bei einer
Temperatur von beispielsweise 10 Grad in 850 hPa, also einer Höhe von
1500 m, und einem Temperaturgradienten von 1 Grad pro 100 m
(Trockenadiabate) ergeben sich für auf etwa 500 m Seehöhe liegenden
Orte im Alpenvorland etwa 20 Grad. Neben dieser kurzen
Überschlagsrechnung können natürlich auch statistische Verfahren zur
Vorhersage verwendet werden. Diese ergeben am Dienstag für den
Alpenrand Höchstwerte zwischen 16 und 18 Grad. Allerdings zeigt sich
oft, dass ein solches Verfahren bei Wetterlagen mit diesen
Randbedingungen etwas zu defensiv agiert. Daher kann nicht
ausgeschlossen werden, dass die Temperatur am Dienstag örtlich an die
20 Grad heranreicht oder diese Marke knapp übertrifft.

Doch nicht nur in Alpennähe können solche föhnigen Effekte wirken.
Beispielsweise gibt es diese auch in Westdeutschland, wenn bei
südöstlicher Anströmung die Mittelgebirge als Barriere wirken. Da die
Luftmasse dort aber am morgigen Dienstag etwas kälter als im Süden
ist, sind 20 Grad in Nordrhein-Westfalen unwahrscheinlich, allerdings
16 bis 17 Grad immerhin im Bereich des Möglichen. Ganz im Norden (an
Nord- und Ostsee) muss man sich hingegen mit knapp unter 10 Grad
begnügen.

Ab Mittwoch gehen die Temperaturen zwar generell etwas zurück, es
bleibt aber für die Jahreszeit weiterhin deutlich zu mild. Wie sich
dann das Wochenende und der Beginn der Weihnachtstage meteorologisch
gesehen darstellen wird, ist noch ein paar wenigen Unsicherheiten
unterworfen. Jedenfalls kommen wir in den kommenden Tagen sicherlich
darauf zurück.

Mag.rer.nat. Florian Bilgeri
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 16.12.2019

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