Thema des Tages

09-02-2020 11:20

Schwere Sturmlage ? Ablauf und Windgeschwindigkeiten

Die Medien überschlagen sich dieser Tage mit Schlagzeilen zu
Sturmtief ?Sabine?. Im heutigen Tagesthema werden der genaue Ablauf,
die Sturmhöhepunkte und die Ursachen dafür erläutert.

Von ?Monster- und Megasturm? ist in einigen Medien die Rede. Sturm
?Sabine? soll ab dem Vormittag mit Gewittern, Starkregen und
Orkanböen auf Deutschland treffen. ?Sabine bringt Böen bis 180
km/h?. Das mediale Feuerwerk überschlägt sich dieser Tage. Im
heutigen Thema des Tages soll etwas Klarheit geschaffen werden, wie
der genaue Ablauf der schweren Sturmlage in etwa sein wird.

Derzeit ist in vielen Regionen Deutschlands die Windsituation noch
entspannt, oftmals ist es sogar noch windschwach. Je weiter man im
Südosten des Landes lebt, desto länger wird dies auch so bleiben.
Südlich der Donau, beispielsweise, wird man den auflebenden Wind
sogar erst in der zweiten Hälfte der kommenden Nacht zum Montag
wahrnehmen. Anders im Westen und Nordwesten, wo im Laufe des
Vormittags bereits schon die ersten stürmischen Böen gemessen werden.
Warum ist das so?
Zunächst einmal muss man sich die Zugbahn von Tief ?Sabine? vor Augen
führen. Das Zentrum von ?Sabine? befindet sich derzeit knapp nördlich
von Schottland und wird sich im Laufe des Tages und der kommenden
Nacht zur Norwegischen Küste verlagern. Damit wird klar, dass der
Nordwesten viel näher am Tiefzentrum liegt und damit auch eher in den
Bereich des Sturms gelangt.

Dazu kommt noch ein zweiter Aspekt, wofür man wissen muss, dass knapp
über unseren Köpfen der Wind oft viel stärker weht, als direkt am
Boden. Interessant können vor allem die Höhenbereiche zwischen 500
und 1500 m sein. Allerdings braucht es dafür einen Impuls, der die
hohen Windgeschwindigkeiten auch zum Boden bringt. Aufgrund der
stabilen Verhältnisse klappt das tagsüber noch nicht. Es sei denn man
begibt sich auf die Berge, in den besagten Höhenbereich. So werden
auf dem Brocken bereits jetzt Orkanböen von mehr als 120 km/h
gemessen. Das ist wohl auch der Grund, warum in manchen Medien
bereits vom Sturmbeginn am Sonntagvormittag die Rede ist. Davon merkt
aber der Großteil der Bevölkerung vorerst noch nichts.

Richtig interessant wird es dann im Laufe des Nachmittags zunächst im
Westen und Nordwesten, wo die ersten Sturmböen und schweren Sturmböen
(also 80 bis 100 km/h) in tiefen Lagen zu erwarten sind. Auch weiter
im Osten und Süden wird dann der Wind etwas aufleben, aber noch mit
?angezogener Handbremse? (50 bis 70 km/h). Auf den Bergen weht dann
voller Orkan mit mehr als 120 km/h, auf dem Brocken (und nur dort!)
nähern wir uns den angesprochenen 180 km/h.

Der Höhepunkt der Windlage ist in vielen Teilen des Landes in der
Nacht auf Montag zu erwarten, wenn die Kaltfront von Tief ?Sabine?
südostwärts vorankommt. Und da kommen wir nochmal zurück auf den Wind
in etwa 500 bis 1500 m. Mit der Kaltfront und den damit
eingelagerten Gewittern ist es möglich, die hohen
Windgeschwindigkeiten bis zum Boden herunterzumischen. Entsprechend
treten mit der Kaltfrontpassage nicht überall, aber eben gehäuft
Windgeschwindigkeiten zwischen 100 und 130 km/h auf.

Die Regionen südlich der Donau werden von den stärksten Winden erst
ausgangs der Nacht erreicht. Dort ist dann bis zu den Mittagsstunden
mit Windgeschwindigkeiten zwischen 100 und lokal 130 km/h zu rechnen.
Die lange Andauer ist einem weiteren lokalen Phänomen geschuldet,
dass wir Leitplankeneffekt nennen. Verantwortlich dafür sind die
Alpen: Mit Annäherung der Kaltfront wird die Luft zwischen ihr und
den Alpen quasi eingequetscht, was zu einer Verstärkung des Windes
führt. Man kann sich das wie bei einem Gartenschlauch vorstellen,
wenn man die Öffnung immer mehr schließt, um beispielsweise weiter
entfernt liegende Gartenbereich zu bewässern.
Auch sonst muss in den Vormittagsstunden in der gesamten Südhälfte in
Verbindung mit Schauern und Gewittern noch mit schweren Sturmböen und
einzelnen orkanartigen Böen gerechnet werden (90 bis 110 km/h). In
den Nachmittagsstunden beruhigt sich die Windsituation dann auch
dort.

Kurz zusammengefasst: Die Windgeschwindigkeiten steigern sich im
Tagesverlauf von Nordwest nach Südost allmählich. Der Höhepunkt wird
mit der Passage der teils gewittrig durchsetzen Kaltfront in der
Nacht auf Montag erwartet. Im äußersten Südosten kommt der Wind erst
ausgangs der Nacht richtig in Fahrt. In der Südhälfte hält die
Unwettergefahr bis Montagmittag an.

Für viele der (Horror)schlagzeilen in den Medien ist indes einzig und
allein der Brocken mit seiner exponierten Lage verantwortlich.


Dipl.-Met. Marcus Beyer
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 09.02.2020

Copyright (c) Deutscher Wetterdienst