Thema des Tages

15-02-2020 10:50

Die zyklonale Westwetterlage ist und bleibt Trumpf!

Regen und Sturm, dazu frühlingshafte Temperaturen - was ist los beim
Wetter im Winter 2019/2020? Indices, die die großräumige
Geopotential- und Luftdruckverteilung beschreiben sind teilweise auf
Rekordniveau.

Egal welche Signalgröße man sich anschaut, nichts deutet auf einen
nachhaltigen Wetterumschwung hin. Der "Polarwirbel" erfreut sich sehr
guter Gesundheit, die "Arktische Oszillation (AO)" schwingt sich seit
Januar immer wieder in große Höhen, teils sogar hin zu neuen
Rekorden, und die "Nordatlantische Oszillation (NAO)" verharrt seit
Mitte Dezember auch überwiegend im positiven Bereich.

Die sogenannte "Arktische Oszillation (AO)" beschreibt dabei die
Veränderungen der Luftdruckgegensätze in Bodennähe zwischen den
arktischen und mittleren Breiten auf der Nordhalbkugel. Dabei wird
die AO durch drei Aktionszentren charakterisiert, die im Bereich der
Biskaya, bei Island sowie über den Aleuten (westlich von Alaska) zu
finden sind. Je nachdem ob an den Aktionszentren hoher oder tiefer
Luftdruck vorherrscht, kann die arktische Oszillation, analog zur
Nordatlantischen Oszillation, in eine positive und eine negative
Phase eingeteilt werden. Als Maß für diese Oszillation dient dabei
der dimensionslose AO-Index. Mit dessen Hilfe kann die Stärke des
Grundmusters der AO bestimmt werden, wobei ein positiver Index für
eine positive AO-Phase und ein negativer Index für eine negative
Phase steht.

Aktuelle Berechnungen zeigen bei der Richtung jedoch ein eindeutiges
Bild. Seit Ende Dezember ist ein positiver AO-Index an der
Tagesordnung. Besonders in diesem Februar konnte er ungewohnte Höhen
erklimmen. Am 10 Februar wurde mit einem Wert von 6,34 sogar ein von
der NOAA bestätigter neuer Rekord aufgestellt (vgl. Graphik 1).

Der Partner zur Arktischen Oszillation ist der Polarwirbel. Bei dem
sogenannten "Polarwirbel" handelt es sich um ein großräumiges und
hochreichendes Tiefdruckgebiet bis in die Stratosphäre hinein, das
sich sowohl über der Nord- als auch über der Südpolargegend
insbesondere in den Wintermonaten ausbildet. Verantwortlich für die
Entstehung bzw. Verstärkung der Polarwirbel sind markante
Kaltluftzonen, die aufgrund der negativen Strahlungsbilanz in den
Polargebieten entstehen.

Derzeit erfreut sich der Wirbel, wie eingangs schon beschrieben,
bester Gesundheit. Ohne einen Makel dreht er äußerst stark seine
Kreise. Von einer Schwächephase oder gar einem Split gibt es derzeit
keine Anzeichen (vgl. Graphik 2). Auch die Prognosen bis März und
teilweise darüber hinaus zeigen weiter einen kräftigen Polarwirbel,
der lediglich seine Lage etwas ändert (vgl. Graphik 3).

Die "NAO" beschreibt eine sehr großräumige Druckverteilung, die in
der Meteorologie bevorzugt im Winterhalbjahr zur Erklärung von
Witterungsphasen oder auch Klimaeinschätzungen für die Nordhemisphäre
eine bedeutende Rolle spielt. Dabei beschreibt die Nordatlantische
Oszillation den Druckunterschied zwischen dem Islandtief und dem
Azorenhoch. Je nachdem ob die Differenz positiv oder negativ ist,
lassen sich Aussagen über die Stärke der in den gemäßigten Breiten
dominierenden Westströmung machen. Die zeitliche Änderung der
Druckunterschiede wird dabei üblicherweise durch einen Index
abgebildet.
Bei einem Luftdruckgegensatz zwischen einem starken Azorenhoch und
einem ebenfalls ausgeprägten Islandtief spricht man von einem
positiven NAO-Index. In diesem Fall stellt sich eine starke westliche
Strömung über dem Atlantik bis nach Mitteleuropa ein.
Bei einem negativen NAO-Index sind meist das Azorenhoch sowie auch
das Islandtief, aber vor allem das Islandtief schwach ausgeprägt.
Wegen der fehlenden stärkeren Druckgegensätze bildet sich nur eine
schwache Westströmung aus. Als Folge kann sich entweder das
Russlandhoch weit nach Westen ausdehnen oder hoher Luftdruck von
Frankreich bis nach Skandinavien ausweiten. Atlantische Tiefausläufer
werden in beiden Fällen blockiert und müssen notgedrungen meist auf
eine südlichere Bahn ausweichen.

Und auch die dritte Signalgröße bevorzugt Westwetterlagen in Europa
und auf dem Atlantik. Mit einer kleinen Ausnahme Ende Januar pendelt
der NAO-Index seit Mitte Dezember im positiven Bereich hin und her.
Zwar sind seine Werte nicht so rekordverdächtig wie beim AO-Index,
nichtsdestotrotz stehen und standen die Weichen klar auf windig bis
stürmisch, unbeständig und mild (vgl. Graphik 4)!

Vor allem die aktuelle und wohl auch zukünftige Westwetterlage wird
schließlich auch von der Clusteranalyse des Ensembles des ECMWF
gestützt. Bei einer Clusteranalyse werden alle Modellläufe eines
Zeitpunktes nach der großräumigen Geopotential- und
Luftdruckverteilung in unterschiedliche sogenannte Cluster
eingeordnet. Ein typisches Cluster wäre demnach "West zyklonal (Wz)",
wobei "West" für die Strömungsrichtung steht und "zyklonal" für die
Krümmung dieser. Und genau diese Wetterlagen mit dem "W" für "West"
dominieren derzeit auch das Gesamtpaket aller aktueller Modellläufe
des ECMWF. Neben der reinen Westwetterlage sind aber auch noch
geringe Abweichungen wie "Nordwest" oder "Südwest" in der Verlosung
(vgl. Graphik 5). Ab dem 21. Februar gibt es sogar den
Hoffnungsschimmer, dass die westliche Grundströmung antizyklonal (mit
dem Uhrzeigersinn) geprägt ist und somit vielleicht hoher Luftdruck
bzw. eine freundlichere Witterung eine Rolle spielen könnte. Von
einem stationären stabilen Hoch oder gar einem nachhaltigen
Wintereinbruch gibt es aber keine Spur.


Dipl.-Met. Lars Kirchhübel
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 15.02.2020

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