Thema des Tages

21-02-2020 10:20

Winterzeit = Grippezeit?!


Die Nase läuft, die Glieder schmerzen und das Fieberthermometer
schnellt in die Höhe: Derzeit liegen viele Menschen mit Influenza
flach. Welche Rolle die Jahreszeit und atmosphärische Bedingungen bei
der Verbreitung und Übertragung der Viren spielen, ist noch nicht
vollständig geklärt.


Nicht nur das Coronavirus ist derzeit in den Medien omnipräsent, auch
die Influenza (die "echte Grippe") schaffte es in den letzten Tagen
häufig in die Schlagzeilen: Man konnte von einer "Grippewelle in
Deutschland" lesen, von "80.000 Erkrankten und 130 Toten" (siehe auch
untenstehender Link zum Robert-Koch-Institut und Bericht der AG
Influenza). Doch wie kommt es eigentlich, dass sich vor allem im
Winter so viele Menschen mit dem Influenzavirus (also der "echten
Grippe") anstecken?
Ein Grund dafür liegt in der Luftfeuchte: Je feuchter die Luft ist,
umso niedriger ist die Ansteckungsgefahr. Wissenschaftler haben vor
einigen Jahren herausgefunden, dass eine relative Luftfeuchte über 40
Prozent die Infektiosität von Influenzaviren drastisch senkt. Bei
ihrer Studie wollten die Forscher möglichst realitätsnahe Bedingungen
simulieren und stellten zwei Puppen in zwei Meter Entfernung auf: Wie
beim Husten stieß eine der Puppen Luft mit Influenzaviren aus.
Gleichzeitig atmete die andere Puppe ein. Die Infektiosität des
Luft-Viren-Gemischs prüften die Forscher dann bei relativen
Luftfeuchtigkeiten im Raum zwischen 7 und 73 %.
Bei einer Feuchte bis 23 % waren etwa drei Viertel der Viruspartikel
noch nach einer Stunde ansteckend. Bei etwa 43 % Feuchtigkeit
schrumpfte der Anteil der infektiösen Teilchen dagegen auf nur noch
etwa ein Fünftel.
Aber auch die absolute Luftfeuchtigkeit (Menge an Wasserdampf in der
Luft) hat Einfluss. Da wärmere Luft deutlich mehr Wasserdampf
aufnehmen kann als kalte, ist die absolute Luftfeuchtigkeit in den
Wintermonaten ohnehin deutlich geringer ist als im Sommer.
Dass bei Trockenheit im Winter die Grippeviren stabiler und deshalb
die Ausbreitung effizienter ist, scheint unbestritten zu sein.
Unbekannt ist jedoch der Mechanismus, der dahinter steckt, also warum
genau sich die Grippeviren bei winterlichen Bedingungen so wohl
fühlen. Dieser Frage geht nun ein interdisziplinäres Schweizer
Forschungsteam in den nächsten vier Jahren nach (Link siehe unten).
Derweil können vielleicht die altbekannten Tipps nützlich sein, um
den Grippeviren das Leben schwer zu machen: Für eine ausreichend hohe
Luftfeuchtigkeit in den Räumen sorgen, häufig die Hände waschen - und
an alle draußen feiernden Jecken: Um durch eine Unterkühlung das
Immunsystem nicht zusätzlich herauszufordern, vielleicht lieber das
fellige Bärenkostüm wählen als das knappe Sambaröckchen ;-)

Dipl.-Met. Magdalena Bertelmann
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 21.02.2020

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