Thema des Tages

11-03-2020 10:20

Ein Praktikum beim Deutschen Wetterdienst

Ein Praktikum beim DWD: Welcher Meteorologie-Student träumt nicht
davon... Doch welche Einblicke und Aufgaben kann man eigentlich im
Rahmen eines Praktikums im Bereich Wettervorhersage bekommen? Ein
Erfahrungsbericht.


Als Praktikant/in in der Vorhersage- und Beratungszentrale des
Deutschen Wetterdienstes in Offenbach arbeitet man in einer Art
Gleitzeit, d.h. man kann zwischen 6 und 20 Uhr flexibel seine
Sollarbeitszeit erfüllen. Allerdings gibt es einige feste Termine, zu
denen man auch als Praktikant anwesend sein sollte: Zum Beispiel die
morgendliche Telefonkonferenz um 8.30 Uhr, die zwischen den
Vorhersagemeteorologen der Zentrale in Offenbach und den Außenstellen
in Hamburg, Potsdam, Leipzig, Essen, Stuttgart und München
stattfindet. Der Supervisor ("Chef-Meteorologe") in Offenbach leitet
die Konferenz. Er beschreibt die aktuelle Wetterlage, ihren Verlauf
und mögliche Unsicherheiten. Die sogenannte "Warn-Guidance",
ebenfalls in Offenbach, erklärt dann die grobe Planung, in welchen
Regionen vor Wind und/oder Niederschlag zu warnen ist. Anschließend
wird nacheinander das Wort an die Außenstellen gegeben, die sich zu
den Warnungen, die ihre Region betreffen, detaillierter äußern und
gegebenenfalls Änderungsvorschläge an die Warn-Guidance geben. Nach
meist 15-30 Minuten (sehr wetterlagenabhängig) ist die
Telefonkonferenz beendet.

Der nächste feste Termin ist (abgesehen vom Mittagessen um 11.30
Uhr), die Schicht-Übergabe um 13.00 Uhr. Sie läuft ähnlich wie die
Telefonkonferenz ab, jedoch in kleinem Kreis innerhalb des Referats.
Hier berichten Supervisor und Warn-Guidance, welche Wetterlage und
Warnungen sie an ihre Schicht-Nachfolger übergeben und worauf im
weiteren Verlauf geachtet werden sollte.

In der ersten Praktikumswoche schnuppert ein Praktikant der
Vorhersage- und Beratungszentrale in jede Schicht hinein. Denn es
gibt nicht nur den Supervisor- und den Warnguidance-Arbeitsplatz,
sondern auch noch einen Medienmeteorologen, eine Mittelfristschicht,
einen Analyse- und Evaluierungsdienst und eine Frühschicht, die sich
mit weltweiter Wettervorhersage beschäftigt. Während dieser
"Schnupperwoche" erklären die diensthabenden Meteorologen die
Aufgaben des jeweiligen Dienstes, an denen man sich als Praktikant
später teils auch selbst versucht. Für fast alle Aufgaben benötigt
man das Programm NinJo, das zur Visualisierung meteorologischer Daten
und zur Erstellung von Wettervorhersagen- und Warnprodukten genutzt
wird. Am ersten Tag hat man Zeit, sich mit NinJo vertraut zu machen.
Jedoch reichen auch 4 Wochen Praktikum nicht aus, um ein NinJo-Profi
zu werden.

Von der Guidance-Schicht erfährt man, wie die sogenannten
Warnpolygone erstellt werden, die später als farbige Bereiche auf der
Warnkarte der Website und in der Warnwetter-App zu sehen sind, und
wie ein Warnlagebericht für Deutschland aufgebaut ist. Letzteren
schreibt der Praktikant auch selbst im kleineren Rahmen für ein
Bundesland, was jedoch nicht veröffentlicht wird.

Die synoptische Produktions-Schicht stellt Wetteranalysekarten da, in
denen Isobaren (Linien gleichen Drucks), Hoch- und Tiefdruckgebiete,
sowie die dazugehörigen Fronten eingezeichnet werden. Bis vor einigen
Jahren musste man diese Karten per Hand zeichnen, heute macht man das
ebenfalls mit Hilfe von NinJo. Auch als Praktikant darf man sich an
den Wetterkarten versuchen - entweder am PC oder ganz altmodisch mit
Stift und Papier.

In der Supervisor-Schicht fallen keine Aufgaben für Praktikanten an.
Dafür bekommt man vom Fachmann für Notfallsysteme einen interessanten
Einblick, wie in Notfallsituationen agiert wird. Doch hier ist kein
hausinterner Notfall gemeint. Vielmehr handelt es sich beispielsweise
um Brände, bei denen giftige Stoffe austreten. In solchen Fällen ruft
die Feuerwehr an, um nachzufragen, in welche Himmelsrichtung sich die
Wolke aus giftigen Dämpfen bewegen wird, um die Bewohner vor Ort
warnen, oder sogar evakuieren zu können. Doch auch auf radioaktive
Unfälle ist der DWD vorbereitet. Selbst wenn noch keine Meldung über
den Unfall herausgegeben wurde, man also nicht weiß, wo es geschehen
ist, kann bald an den zahlreichen Wetterstationen ein Anstieg der
Radioaktivität gemessen werden. Daraus kann dann visuell
zurückgerechnet werden, woher die radioaktive Wolke in etwa gekommen
sein muss. Solche Szenarien werden regelmäßig geübt, um im Ernstfall
routiniert arbeiten zu können.

Verschiedene hydrologische Wetterberichte werden von der
"Wettergefahren Produktion"-Schicht erstellt. Auch an diesen
Berichten kann sich der Praktikant selbst versuchen. Der
hydrologische Wetterbericht inkl. Rheineinzugsgebiet ist v.a. für die
Hochwasserschutzzentralen der Länder wichtig. Aus diesem können die
Zentralen rauslesen, ob Dauer-/Starkregen beim Rhein und seinen
Zuflüssen zu erwarten ist und ob dadurch Hochwassergrenzen
überschritten würden. In so einem Fall würde die
Hochwasserschutzzentrale eine Warnung herausgeben, damit
gegebenenfalls Schutzmaßnahmen getroffen werden können. Außerdem
werden in diesem Dienst weltweite Extremwettervorhersagen gemacht,
zum Beispiel für das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und
Katastrophenhilfe, die Bundeswehr oder auch innerhalb Deutschlands
für die Deutsche Bahn (Details zu diesem Dienst siehe auch Thema des
Tages vom 10.01.2020).

Eine weitere spannende Schicht ist die Medienproduktion (siehe auch
Thema des Tages vom 09.11.2019). Diese erstellt neben dem
Pressebericht, Facebook- und Twitter-Beiträgen, auch ein Thema des
Tages und einen Wetterclip. Letzterer wird im Unwetterfall bei
YouTube hochgeladen. Doch auch ein Praktikant bekommt hier viel zu
tun. So darf er einen Pressebericht ("blumiger" Wetterbericht für die
DPA) schreiben und einen eigenen Wetterclip im hauseigenen Studio
drehen. Beides wird natürlich nicht veröffentlicht. Auch stellt man
sich den Videodreh gerne als zu leichte Aufgabe vor. Doch wenn man
vor der Kamera steht, auf der eine kleine gelbe Ente befestigt ist,
kommen plötzlich einige Fragen auf: "Was mache ich mit meinen
Händen?", "Welche Folie kam als nächstes?", "Mist, ich muss auch mal
in die Kamera schauen!". Doch glücklicherweise bekommen nicht viele
dieses Video zu sehen; lediglich der Meteorologe aus der
Medien-Schicht und eine Person vom Fachdienst, die das Video aufnimmt
und anschließend mit Vor- und Abspann versieht.

Neben den vielen kleineren Aufgaben bekommt man als Praktikant/in
auch noch eine "richtige" Praktikumsaufgabe, die mehr Zeit in
Anspruch nimmt. Meist handelt es sich dabei um Evaluierungsaufgaben.
Dabei schaut man also, wie gut die Wettermodelle bei bestimmten
Wettereignissen mit dem tatsächlichen Wetter übereingestimmt haben
und wo sie Schwächen haben. Oder man bekommt ein NinJo-Modul
zugewiesen, das sich noch in der Entwicklungsphase befindet. Je nach
Stadium dieser Phase findet man schnell Fehler oder es gestaltet sich
wie die bekannte Suche nach der Nadel im Heuhaufen. Doch auch dann
sind die Entwickler glücklich um jede Unterstützung, da diese Arbeit
während der laufenden Schicht oft liegen bleiben muss. Das aktuelle
Wetter geht vor.

Wer denkt, dass ein Praktikant nur "unnötige" Aufgaben übernimmt, da
ja ohnehin nichts davon verwendet wird, der täuscht sich. Das Thema
des Tages darf auch von Praktikanten verfasst werden und wird nach
Kontrolllesen eines erfahrenen Meteorologen veröffentlicht.



Praktikantin Miriam Schabel und Dipl.-Met. Magdalena Bertelmann
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 11.03.2020

Copyright (c) Deutscher Wetterdienst