Thema des Tages

15-03-2020 10:50

Warm Conveyor Belts (WCB), 1 von 2

Warm Conveyor Belts (WCBs) sind in der Meteorologie interessant vor
allem deshalb, weil deren Prognose durch numerische Wettermodelle oft
noch mit gewissen Unsicherheiten behaftet ist. Im vorliegenden ersten
Teil wird zunächst ein kurzer Überblick gegeben.

Warme Transportbänder oder Warm Conveyor Belts (WCB) sind
zusammenhängende feuchte Luftströme in außertropischen Zyklonen, die
von der (ozeanischen) Grenzschicht in den Subtropen bis zur oberen
Troposphäre in den mittleren und nördlichen Breiten aufsteigen
können.

Der vertikale Aufstieg sowie meridionale Transport der Luftmassen
wird in diesem Zusammenhang wie folgt definiert: Man spricht von
warmen Förderbändern, wenn die Luft typischerweise mehr als 600 hPa
(entspricht im Mittel rund 7500 bis 8000 m Höhenunterschied)
innerhalb von 1-2 Tagen aufsteigt. Diese Aufstiegsbewegung ist
gleichzeitig von einer starken polwärts gerichteten Bewegung von mehr
als 2000 km innerhalb dieses Zeitraums verbunden.

Synoptisch gesehen können solche Förderbänder prinzipiell an der
Vorderseite von intensiven Tiefdruckentwicklungen auf dem
Nordatlantik oder Nordpazifik entstehen, wenn relativ feuchte und
warme Luftmassen subtropischen Ursprungs weit nach Norden geführt
werden und dort auf polare Meeresluft treffen. Das wiederum dient
einerseits als Zündstoff für die mitunter explosive Entwicklung und
Verstärkung von außertropischen Zyklonen. Als Ergebnis können sogar
vermehrt Rapide Zyklogenesen stromaufwärts induziert werden.
Andererseits können dagegen unter bestimmten Voraussetzungen
stromabwärts kräftige Hochdruckgebiete (Blockings) forciert werden.

Warm Conveyor Belts vereinen in sich komplexe physikalische Prozesse
von der Skala Planetarer Wellen (abwechselnd Hoch- und
Tiefdruckgebiete als Wellenbewegung, ca.10 000 km), der synoptischen
Skala (Wolkenbildung, rund 1000 km), über mesoskalige (kräftige
Niederschlagsbänder, etwa 100 km) bis hin zu konvektiven Phänomenen
(Schauer und Gewitter, unter 10 km). Das verlangt von den numerischen
Wettermodellen ein Höchstmaß an Präzision bei der differenziellen
Simulierung und Nachempfindung physikalischer Prozesse und deren
Wechselwirkungen.

Diese gigantischen Förderbänder sind von intensiver Wolkenbildung,
der Freisetzung enormer latenter Wärmemengen bei der Kondensation von
Wasserdampf sowie oft hohen Niederschlagsmengen begleitet.

Hier sollen kurz zusammengefasst weitere wichtige Aspekte von WCBs
genannt werden:


WCBs generieren einen Großteil der außertropischen Niederschläge und
sind an vielen extremen Niederschlagsereignissen beteiligt;

WCBs führen durch starke Wolkenbildung zu einer Modifikation des
lokalen Strahlungshaushalts;

die oft flächige Hebung von Luftmassen innerhalb von WCBs kann ebenso
von kleinräumiger und eingebetteter Konvektion (embedded convection)
begleitet werden, die von den numerischen Modellen derzeit noch
schwer zu erfassen ist;

generell sind Entwicklungen von WCBs oft mit erhöhter
Prognoseunsicherheit verbunden.

Wechselwirkungen von WCBs mit der Orographie;

Auswirkungen von WCBs auf die obere Troposphäre und den Austausch
zwischen Troposphäre und Stratosphäre;

der Zusammenhang von WCBs mit so genannten Atmospheric Rivers (AR).
Letztere stellen Bereiche von extrem hohem Feuchtegehalt in der
unteren Troposphäre dar und können unter Umständen auch den Inflow
(subtropischer Einflussbereich) von WCBs darstellen.

Im zweiten Teil (am kommenden Dienstag, den 17.03.2020) werden einige
der genannten Details noch genauer untersucht und mit anschaulichen
Beispielen untermauert.


Dr. rer. nat. Jens Bonewitz
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 15.03.2020

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