Thema des Tages

05-05-2020 10:50

Aprilklima im Wandel?

Der April 2020 war der sonnigste seit Messbeginn und Regen war eher
Mangelware. In den vergangenen Jahren war dies bereits öfters der
Fall. Ist das Aprilklima etwa im Wandel?

"April, April, der weiß nicht, was er will", so heißt ein Sprichwort,
das das Wetter im April beschreibt. Denn es ist wettermäßig Vieles
möglich, von Schneefall und weißen Winterlandschaften bis ins
Flachland bis hin zu hochsommerlichem Wetter mit Temperaturen über 30
Grad und Wärmegewittern. Bisweilen spielt das Wetter auch an ein und
demselben Tag verrückt: Nach Sonnenschein folgt plötzlich Platzregen,
Graupel, Wind, Blitz und Donner und kaum war der Schauer da, scheint
schon wieder die Sonne - klassisches "Aprilwetter" also.

In diesem Jahr war das ganz anders. Hochdruckgebiete gaben sich fast
bis Monatsende die Klinke in die Hand, sodass das Wetter im
diesjährigen April ungewöhnlich beständig war. Sonnenschein von früh
bis spät wurde zur Normalität und der Himmel öffnete nur selten mal
seine Schleusen. Vor einigen Tagen wurde in der veröffentlichten
Monatsbilanz bekanntgegeben, dass der April 2020 mit einem neuen
Sonnenscheinrekord in die Geschichte eingeht. In der Endabrechnung
waren es unglaubliche 292 Sonnenstunden. Mit 16,5 l/qm Regen belegte
der diesjährige April zudem Platz 3 der trockensten Aprilmonate seit
Messbeginn im Jahre 1881, wobei der Großteil der Niederschläge erst
in den letzten drei Apriltagen gefallen ist. Deutlich trockener war
es nur 2007 mit 4,0 l/qm und 1893 mit 3,7 l/qm im deutschlandweiten
Flächenmittel.

Mein persönlicher subjektiver Eindruck war, dass der April der
vergangenen Jahre häufiger sonnig und trocken war und uns erreichten
diesbezüglich auch schon Zuschriften. Ist das Klima im April etwa im
Wandel? Werfen wir dazu einen Blick in die DWD-Klimastatistiken.

Beginnen wir zunächst beim Sonnenschein, der in diesem Jahr besonders
stark aus dem Rahmen fiel. Beim DWD reicht die Messreihe bis ins Jahr
1951 zurück. Betrachtet man den linearen Trend dieser Messreihe von
1951 bis 2020 (gestrichelte Linie in Abb. oben), so hat in dieser
Periode die gemessene Sonnenscheindauer um 35,6 Stunden zugenommen,
was einem Anstieg von 23% entspricht. Dieser Trend spiegelt sich auch
in verschiedenen Referenzperioden wider. Während in der international
gültigen Referenzperiode von 1961-1990 (vieljähriges Mittel) die
Sonne im April durchschnittlich 153,7 Stunden (h) schien, waren es
1981-2010 bereits 169,9 h (+16,2 h) und 1991-2020 sogar 183,0 h
(+29,3 h). Das bedeutet, dass in den letzten 30 Jahren (1991-2020)
die Sonne im April durchschnittlich 29 Stunden - also fast eine
Stunde pro Tag - länger schien als in den vorherigen 30 Jahren
(1961-1990). Noch deutlicher zeigt sich diese Tendenz, wenn man sich
die Hitliste der sonnigsten Aprilmonate ansieht. Die sieben
sonnigsten Aprilmonate stammen alle aus den letzten 14 Jahren und
acht der "Top 10" aus dem 21. Jahrhundert, wobei der diesjährige
April mit 292,4 h und 2007 mit 288,8 h deutliche "Ausreißer" waren.
So viel Sonnenschein ist selbst für die Monate Mai bis Juli
außergewöhnlich.

Auch beim Niederschlag scheint sich im April ein ähnlicher Trend
abzuzeichnen. Während in der international gültigen Referenzperiode
1961-1990 im Flächenmittel durchschnittlich 58,3 l/qm Niederschlag
gefallen ist, waren es in den Perioden 1981-2010 mit 50,7 l/qm (-7,6
l/qm) und 1991-2020 mit nur 44,7 l/qm (-13,5 l/qm) signifikant
weniger, ein Rückgang um 23%. Bemerkenswert ist zudem, dass seit 2009
zwölf Jahre in Folge unter dem vieljährigen Mittel lagen (s. Abb.
unten). Anders als bei den Sonnenstunden reicht beim Niederschlag die
Zeitreihe aber deutlich weiter in die Vergangenheit zurück. Man
erkennt, dass es Ende 19. Jh. / Anfang 20. Jh. schon einmal eine
ähnlich trockene Phase gab, allerdings auf einem niedrigeren
Temperaturniveau. Folglich deutet der lineare Trend (-2,9 l/qm)
bezüglich der gesamten Messzeitreihe 1881-2020 auf keinen
signifikanten Rückgang der Niederschläge hin. Der Mittelwert dieser
langen Zeitreihe liegt zudem unter der Referenzperiode 1961-1990, die
offenbar eher nass ausfiel.

Der Vollständigkeit halber noch ein kurzer Blick auf die Temperatur.
Diese hat in der gesamten Zeitreihe 1881-2020 um 1,9 Kelvin (K)
zugenommen und 2001 war der letzte April, der unter dem vieljährigen
Mittel von 7,4°C (1961-1990) lag. In den darauffolgenden 30 Jahren
(1991-2020) betrug die Monatsmitteltemperatur bereits 9,0°C, ein
Anstieg von 1,6K.

Heißt das nun, dass sich das Klima im April verändert hat und dass
die Zeiten des launischen Aprilwetters vorbei sind? Der April 2020
war zweifelsohne ein Ausnahmemonat. In den letzten gut zehn Jahren
war dennoch gerade im April eine Häufung von blockierenden
Wetterlagen zu verzeichnen. Beständige Hochdruckgebiete hatten
dadurch oft niederschlagsarmes und sonniges Wetter zur Folge. Die im
Vergleich zum Sonnenschein deutlich längere Niederschlagszeitreihe
zeigt aber, dass es auch vor über hundert Jahren schon eine längere
Trockenperiode gab, sodass noch abzuwarten ist, ob sich im April bei
Sonnenschein und Niederschlag auch in Zukunft die aktuelle Tendenz
fortsetzt. Der Trend ist in dieser Form übrigens nicht auf andere
Monate im Jahr übertragbar. Und eines darf man bei dieser Betrachtung
auch nicht vergessen: Wetter ist nicht gleich Klima! Auch in Zukunft
wird es im April weiterhin "Regen-, Schnee- und Graupelschauer mit
Sonne im Wechsel" geben - Aprilwetter eben.


Dr. rer. nat. Markus Übel (Meteorologe)
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 05.05.2020

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