Thema des Tages

14-05-2020 08:20

Wettersatelliten


Wie große Augen aus dem Weltall schauen sie auf die Erde herab und
liefern uns weltumspannende Messdaten. Wettersatelliten sind aus der
modernen Wettervorhersage kaum mehr weg zu denken.


Vor über 50 Jahren hatten es die Meteorologen mit der Erstellung
ihrer Wetterprognosen wirklich nicht leicht. Für jede Vorhersage
mussten die dafür nötigen physikalischen Felder wie Luftdruck,
Temperatur und Feuchte mühselig aus spärlich vorhandenen
Beobachtungsdaten interpoliert werden. Diese Daten stammten meist von
ungleichmäßig verteilten Wetterstationen an Land. Informationen aus
höheren Schichten der Atmosphäre bekam man nur von einigen wenigen
Messungen, die mittels Wetterballons gemacht wurden. Über den Meeren,
die immerhin 71 % unserer Erdoberfläche bedecken, erhielt man
abgesehen von ein paar sporadischen Schiffsmeldungen so gut wie
überhaupt keine Daten.
Heutzutage haben es die Meteorologen bei ihren Vorhersagen schon
deutlich leichter. Numerische Wettermodelle, die auf Supercomputern
gerechnet werden, lösen die physikalischen Gleichungen und berechnen
unser Wetter für mehrere Tage in die Zukunft. Sie bilden somit die
Basis der modernen Wettervorhersage. Für diese Berechnungen ist es
allerdings unerlässlich, den dreidimensionalen Anfangszustand der
Atmosphäre so genau wie möglich zu erfassen. Da man aber heute über
den Meeren ebenfalls nur einige Messungen von Bojen, Bohrplattformen
und Schiffen sowie auch nur vergleichsweise wenige Daten von
Wetterbalons und Flugzeugen aus der freien Atmosphäre zur Verfügung
hat, sind Wettersatelliten aus der modernen Wettervorhersage nicht
mehr weg zu denken. Wie große Augen aus dem Weltall schauen sie auf
die Erde herab und liefern uns weltumspannende Messdaten. Etwa 80 %
aller Messdaten, die in Wettermodelle eingehen, stammen von
Satelliten. In den letzten 10 Jahren hat sich diese Datenmenge nahezu
verdoppelt. So fallen die aktuellen Ausfälle der Messdaten von
Flugzeugen durch die Corona-Krise dank Wettersatelliten nicht so
stark ins Gewicht.

Die Geschichte der Satellitenmeteorologie begann am 1. April 1960 mit
dem amerikanischen Satelliten TIROS 1. Er war der erste Satellit, der
ausgerüstet mit einer Kamera Bilder von Wolkenfeldern aus dem All zur
Erde sendete. Heute umspannt ein ganzes Netz von Wettersatelliten den
Erdorbit.

Man unterscheidet zwischen geostationären und polarumlaufenden
Wettersatelliten. Die geostationären Satelliten, wie zum Beispiel der
europäische METEOSAT-10, befinden sich in einer Höhe von 35786 km
über dem Äquator. Von der Erde aus betrachtet steht er immer an einem
festen Punkt, da seine Umlaufzeit der Rotationsdauer der Erde
entspricht. Die geostationären Satelliten liefern alle 5 Minuten ein
Bild mit einer Auflösung von etwa 1 km. Die Auflösung nimmt jedoch an
den Bildrändern und in Richtung der Pole ab. Die polarumlaufenden
Satelliten wie zum Beispiel die europäischen MetOp-Satelliten oder
die amerikanischen NOAA-Satelliten liefern auch genaue Daten von den
Polen. Diese tasten die Erde beim Flug von Pol zu Pol in einer Höhe
von etwa 800 km ab. Jedoch benötigen sie für einen Umlauf 101
Minuten. Die Erdoberfläche wird dabei in 12 Stunden einmal komplett
abgetastet.
Wettersatelliten messen die von der Erde reflektierte oder
ausgesendete Strahlung mit abbildenden Radiospektrometern. Doch wird
nicht nur Strahlung im sichtbaren Bereich des Spektrums
(reflektiertes Sonnenlicht) gemessen, sondern auch die unsichtbare
Infrarotstrahlung. Da die Erde auch nachts Wärmestrahlung im
Infrarotbereich aussendet, kann man somit auch nachts
Satellitenbilder empfangen. Kombiniert man mehrere Messbereiche des
Spektrums sowohl im infraroten wie auch im sichtbaren Bereich, so
kann man daraus verschiedene physikalische Eigenschaften der
Atmosphäre ableiten. Zum Beispiel erhält man für jeden Bildpunkt
Informationen über die Verteilung des Wasserdampfs, physikalische
Eigenschaften von Wolken und sogar Vertikalprofile der Temperatur.
Des Weiteren erfassen sie zum Beispiel mit einem Radarsystem die
Struktur der Meeresoberfläche um daraus Windrichtung und
-geschwindigkeit zu ermitteln. Der Satellit CALIPSO sendet einen
Laserstrahl in die Atmosphäre und sammelt aus der Rückstreuung an
Staub, Molekülen und Wolken Daten zur Erforschung der Einflüsse von
Wolken und Staubpartikeln auf das Wetter. Damit liefern
Wettersatelliten nicht nur Daten für die Eingabefelder für
Wettermodelle, sondern auch wertvolle Informationen zur Analyse der
aktuellen Wetterlage und aktuelle Daten für die Atmosphärenforschung.


Zukünftige Wettersatelliten wie die der Meteosat Third Generation
(MTG), die die zweite Generation ablösen sollen, werden mit neuen
Instrumenten Daten in höherer Qualität sammeln. Neben einer deutlich
höheren Auflösung wird es dann zum Beispiel auch möglich sein, Blitze
direkt aus dem All zu detektieren und besser aufgelöste
Vertikalprofile von Temperatur und Feuchte zu bekommen.


Dipl.-Met. Christian Herold
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 14.05.2020

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