Thema des Tages

15-05-2020 09:50

"? als Quirinius Statthalter in Syrien war"


Wer ist eigentlich dieser Quirinius? Ein kurzer Abriss eines weiten
Felds - von der derzeitigen Wetterlage bis zum Namensgeber des
aktuellen Hochdruckgebiets.


"Es begab sich aber zu der Zeit, ?" Viele von uns erkennen schon an
diesen wenigen Worten den Anfang der Weihnachtsgeschichte nach dem
Lukas Evangelium. Der direkt zu Beginn einmal vorkommende
"Quirinius", der als "Statthalter in Syrien" erwähnt wird, hat durch
seine Nennung kurz hinter Kaiser Augustus zwar einen prominenten
Platz am Anfang der Weihnachtsgeschichte, spielt im weiteren Verlauf
der Bibelstelle dann aber keine Rolle mehr.

Nun aber, Mitte Mai, läuft uns der etwas außergewöhnlich klingende
Name plötzlich außerhalb der alljährlichen Lesung der
Weihnachtsgeschichte über den Weg - und zwar als ausgesprochen
umfangreiches Hochdruckgebiet auf der aktuellen Wetterkarte, das von
den Britischen Inseln bis nach Mitteleuropa reicht.

"Quirinius" präsentiert sich hierzulande weniger als strenger
Statthalter, sondern vielmehr als steter und stabiler Sonnenfreund,
der in den kommenden Tagen zudem immer wärmere Luft zu uns lenkt und
die Eisheiligen vertreibt (die "kalte Sophie" hat in der vergangenen
Nacht sogar in Hamburg, Berlin und Köln mit leichtem Luftfrost
zugeschlagen). Doch zwei Ausnahmen deuten darauf hin, dass Quirinius
seinen Einfluss nicht überall uneingeschränkt geltend machen kann (-
also kein Statthalter des ganzen Landes?): Im Norden Deutschlands
sorgen nahende Tiefausläufer immer wieder für Wolken und vor allem im
Küstenumfeld für einzelne Schauer. Auch ganz im Süden des Landes, vom
Bodensee bis nach Niederbayern, steht zumindest am heutigen Freitag
kein astreines Hochdruckwetter auf dem Programm, denn eine
Luftmassengrenze beschert dort eine "natürliche Bewässerung" von
Feldern und Gärten.

Quirinius ist also im Moment zwar Protagonist in Mitteleuropa, nicht
aber in Nord- und Südeuropa. Dort heißen seine weiblichen Kolleginnen
"Aki" und "Doreen". Das Dreiergespann sorgt europaweit für einen
beachtlichen Temperaturunterschied: "Aki" könnte als "die Kalte"
beschrieben werden, sorgt sie doch in Nordnorwegen z.B. gerade mal
für Höchstwerte von kaum 5°C. "Doreen" scheint vielmehr brütende
Hitze zu mögen und lässt die Einwohner Griechenlands und der Türkei
in den kommenden Tagen bei einer außergewöhnlichen und markanten
Hitzewelle von Temperaturen teils über 40°C schwitzen - ähnliche
Bedingungen übrigens wie in der alten Heimat von Quirinius Vorfahren,
in Syrien. Auch dort herrschen Temperaturen von 30 bis 40 Grad,
Abkühlung ist lediglich in den dortigen Bergen möglich.
Quirinius scheint sich in mitteleuropäischen Gefilden recht wohl zu
fühlen und verbleibt hier bis mindestens Mitte nächster Woche
erstmal. Das wird die Sonnenstunden-Statistik in die Höhe treiben,
ist aber gleichzeitig wohl eine schlechte Nachricht für alle
Gartenbesitzer und Landwirte, da flächendeckender Regen nicht in
Sicht ist.

Zu guter Letzt nun aber noch ein kurzer Schwenk zu "Quirinius senior"
- für all diejenigen, die sich bei der Weihnachtsgeschichte immer
schon gefragt haben, wer eigentlich dieser Statthalter Quirinius ist.
"Publius Sulpicius Quirinius", wie er mit vollem Namen hieß,
entstammte keiner prominenten römischen Familie, gewann aber schon
früh das Vertrauen und die Förderung des Kaisers Augustus.
Militärische Erfolge als Befehlshaber in Nordafrika machten Quirinius
zum gefeierten Kriegshelden. Der Kaiser überhäufte ihn mit Ehrungen
und griff immer wieder auf ihn zurück, wenn er für eine heikle
militärische oder politische Aufgabe irgendwo im Reich einen fähigen
Mann brauchte. Nicht ganz so erfolgreich wie auf dem politischen
Parkett soll Quirinius im Privatleben gewesen sein. Eine erste Ehe
endete in der Scheidung, die zweite in einem regelrechten Skandal:
Quirinius bezichtigte seine Frau des Ehebruchs und klagte sie vor
Gericht an, weil sie versucht haben soll, ihn zu vergiften. Die Frau
wurde schuldig gesprochen und trotz öffentlicher Proteste
hingerichtet.

Wenn man den Überlieferungen also Glauben schenkt, hatte der
"Quirinius" von vor über 2000 Jahren demnach kein so sonniges Gemüt
wie der derzeitige Protagonist auf der Wetterkarte.


Dipl.-Met. Magdalena Bertelmann
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 15.05.2020

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