DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

26-05-2020 07:01
SXEU31 DWAV 260800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 26.05.2020 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL: HB
Hochdruckrandlage mit Zufuhr recht kühler oder nur mäßig warmer Luftmassen von
Nordwesten her. Am Donnerstag Durchzug einer Kaltfront ohne signifikante
Wettererscheinungen.

Synoptische Entwicklung bis Donnerstag 24 UTC
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Dienstag... befindet sich Deutschland zwischen einem umfangreichen, mit mehreren
Drehzentren ausgestatteten Höhentiefkomplex über Südosteuropa und einem
Höhenrücken, der sich vom Seegebiet westlich der Biskaya nordnordostwärts über
die Nordsee bis nach Skandinavien erstreckt, unterhalb einer relativ glatten
nördlichen Höhenströmung. Durch einen von der Dänemarkstraße Richtung
Grönlandsee/Jan Mayen vorstoßenden Höhentrog wird der Rücken vor allem mit
seinem Nordteil allmählich nach Süden abgedrängt und verläuft mit seiner Achse
abends von der Deutschen Bucht zur mittleren Ostsee. Somit dominieren im
Vorhersagegebiet Hochdruckeinfluss und Absinken, dabei erstreckt sich das
korrespondierende Bodenhoch vom nahen Ostatlantik bis nach Mitteleuropa mit
Schwerpunkt über den Britischen Inseln. Das resultiert in einer schwachen
nordnordwestlichen Grundströmung im Vorhersagegebiet, mit der recht kühle
Luftmassen subpolaren Ursprungs ins Vorhersagegebiet advehiert werden (T850 hPa
zwischen 2 Grad im Osten und 6 Grad im Westen) die sich bei beständiger
schwacher KLA niedertroposphärisch durch Absinken und durch die Einstrahlung nur
wenig erwärmen können.
Während im Westen und Südwesten - südwestlich der Divergenzachse des Hochs
gelegen - vielfach die Sonne scheint und sich innerhalb der labilen Grundschicht
(bis etwa 800 hPa) im Tagesverlauf nur einzelne flache Quellwolken bilden,
gelangen in den Norden und Osten von Nordwesten her bodennah feuchtere
Luftmassen. Lediglich der Nordosten profitiert vom "Skandenlee", dort scheint
vielfach die Sonne. Ansonsten hält sich aktuell in einem recht breiten Streifen
von der Deutschen Bucht südostwärts bis zum Erzgebirge bzw. Zittauer Gebirge,
aber auch bis ins östliche Bayern vielerorts dichte SC-Bewölkung, die sich an
der Absinkinversion ausgebreitet hat. Mit der Erwärmung und der damit
einsetzenden turbulenten Durchmischung bekommt diese im Tagesverlauf zwar immer
mehr Lücken, vor allem im Nordwesten, wo sich die Absinkinversion in etwa 800
hPa befindet, im östlichen Bergland und im Südosten Bayerns sollte aber generell
der bewölkte Eindruck überwiegen. Vor allem von der Oberpfalz bis ins Chiemgau -
die Regionen des Landes, die dem Höhentief über Südosteuropa noch am nächsten
sind - wird die Troposphäre im Tagesverlauf noch einmal bis etwa 600 oder 500
hPa labilisiert, so dass sich dort Schauer entwickeln, kurze Gewitter (inklusive
Böen Bft 7) nicht ausgeschlossen. Ansonsten reicht es höchstens nur für ein paar
Spritzer Regen.
Die Höchstwerte überschreiten in den Regionen mit viel Bewölkung, also am
Erzgebirge, aber auch im ostbayerischen Mittelgebirgsraum und am östlichen
Alpenrand, nur zögernd die 15 Grad. Ansonsten werden 17 bis 23 Grad erreicht, am
Niederrhein sind vielleicht sogar die 25 Grad in Reichweite.

In der Nacht zum Mittwoch kommt der Höhentrog über dem Nordmeer allmählich
Richtung Skandinavien voran, auf dessen Rückseite wölbt sich westlich von Irland
ein Höhenrücken nach Norden, Richtung Island, auf. Somit kommt der Höhenrücken
über der Nordsee und Mittelskandinavien weiter nach Süden voran, morgens
erreicht dessen Achse den äußersten Norden des Vorhersagegebietes.
Im Bodenfeld überquert die weitgehend okkludierte Front eines mit dem Höhentrog
korrespondierenden Nordmeertiefs im Laufe der Nacht von Nordwesten her auf die
mittlere Nordsee über, wird aber durch eine sich verstärkende Leetrogentwicklung
über Schweden bzw. dem Kattegat zurückgehalten und erreicht erst in den
Frühstunden den Nordteil der Deutschen Bucht. Der Hochdruckeinfluss über
Mitteleuropa schwächt sich aber kaum ab; zwar setzt über dem Vorhersagegebiet
schwacher Druckfall ein, über GB bleibt das Hoch jedoch unverändert kräftig und
nach wie vor bleibt ein Keil bis in die mittleren Landesteile des
Vorhersagegebietes gerichtet. Da die Front (noch) keine dynamische Unterstützung
durch den Höhentrog weiter nördlich erhält, greifen präfrontal lediglich
dichtere Wolkenfelder im Laufe der zweiten Nachthälfte auf Norddeutschland über.
Es bleibt aber allgemein trocken.
Im übrigen Land lockern die Wolken dagegen auf, gebietsweise, vor allem im
Westen, Südwesten und in der Mitte, klart der Himmel auf. Am ehesten im Südosten
kann sich auch Nebel oder Hochnebel bilden. Erneut kühlt es kräftig ab, in der
Mitte und im Süden tritt in ungünstigen Lagen Bodenfrost auf, in einigen
"Kältelöchern" in den Mittelgebirgen ist auch Luftfrost nicht ausgeschlossen.

Mittwoch... verstärkt sich der vom Seegebiet knapp westlich von Irland bis nach
Island gerichtete Höhenrücken, wodurch die Höhenströmung über dem Nordmeer und
der Nordsee wieder zunehmend auf Nordwest dreht. Der Höhenrücken über
Norddeutschland und der südlichen Ostsee wird dadurch unter Konturverlust
zunehmend nach Süden abgedrängt und verläuft abends bereits über die Mitte des
Landes. An der Südflanke des Höhentrogs über dem Nordmeer, der nur langsam nach
Osten vorankommt, verlagert sich ein flacher Kurzwellentrog von der nördlichen
Nordsee Richtung Deutsche Bucht/Jütland/Südschweden und kann sich im Lee des
Norwegischen Küstengebirges verschärfen.
Im Bodenfeld kommt die teilokkludierte Kaltfront über der Deutschen Bucht und
Dänemark zögernd nach Süden voran und greift auf Norddeutschland über. Der in
die Mitte Deutschlands gerichtete Keil des kräftigen Hochs über den Britischen
Inseln schwächt sich noch etwas ab und wird ein wenig nach Süden abgedrängt,
postfrontal wird er aber über der südlichen Nordsee am Abend wieder regeneriert.
Da die Front noch immer nicht mit dem sich annähernden Kurzwellentrog
interagieren kann und in den Höhenkeil hineinläuft, weist sie nach wie vor nur
wenig Wetterwirksamkeit auf und macht sich lediglich in Form dichter
Wolkenfelder bemerkbar, die etwa bis in die mittleren u8nd östlichen Landesteile
vorankommen und postfrontal über Norddeutschland wieder auflockern.
Niederschläge werden so gut wie keine simuliert, lediglich GFS hat einzelne
Schauer auf der Agenda, was aber wohl dem Feuchtebias des Modells geschuldet
ist. Dennoch - hier und da ein kurzer Schauer kann nicht ausgeschlossen werden,
meist bleibt es aber wohl trocken.
Im Süden und Südwesten des Landes dominiert dagegen Hochdruckeinfluss, bei nur
wenigen flachen Quellwolken scheint überwiegend die Sonne. Da präfrontal die
Advektion kühler Nordseeluft gekappt wird, kann sich die Luftmasse etwas
erwärmen (T850 hPa zwischen 5 und 8 Grad, postfrontal im Norden auf etwa 2 Grad
zurückgehend). Somit steigen die Höchsttemperaturen gegenüber dem Vortag in der
Mitte und im Süden etwas an und erreichen Werte zwischen 20 und 25 Grad, im
Westen/Südwesten gebietsweise auch mehr. Im Norden werden Höchstwerte zwischen
16 und 20 Grad erreicht. Der Wind frischt postfrontal an den Küsten,
insbesondere der Ostsee, aus Nordwest auf, Warnschwellen werden voraussichtlich
aber nicht erreicht.

In der Nacht zum Donnerstag überquert der Kurzwellentrog den Norden und Osten
Deutschlands südostwärts, morgens erreicht dessen Achse in etwa die Lausitz und
den zentralen Mittelgebirgsraum. Rückseitig wird die nördliche Höhenströmung
regeneriert, der Höhenrücken kommt zu den Britischen Inseln voran und erstreckt
sich bis ins Nordmeer.
Im Bodenfeld erreicht die Kaltfront die mittleren Landesteile; da sie nur sehr
zögernd nach Süden vorankommt, kann sie mit dem Trog besser interagieren. Die
trogvorderseitige, aus PVA resultierende Hebung wird zwar durch KLA
teilkompensiert, dennoch kann sie die Front so weit aktivieren, dass vor allem
im Laufe der zweiten Nachthälfte und nach Osten zu schauerartige Regenfälle
einsetzen, hauptsächlich rückseitig der Front (Anafrontcharakter). ICON-EU
simuliert den Kurzwellentrog etwas wetteraktiver als GFS und IFS und lässt die
Niederschläge somit weiter nach Westen ausgreifen (quasi bis zur Grenze nach
Benelux). Insgesamt werden etwa 1 bis 5 mm in 12 Stunden simuliert, in Staulagen
auch einige mm mehr.
Postfrontal setzt kräftiger Druckanstieg ein, so dass der Wind aus Nordwest bis
Nord auffrischt. In den Gipfellagen der zentralen und östlichen Mittelgebirge
kann es einzelne Böen Bft 7 bis 8 geben.
Im Norden und Nordwesten bleibt es nach Abzug der Front trocken und die Wolken
lockern wieder auf, in ungünstigen und windgeschützten Lagen kann es Bodenfrost
geben. Präfrontal in Süddeutschland werden lediglich die Wolken dichter, so dass
Bodenfrost dort keine Rolle spielen dürfte.

Donnerstag... tropft der Trog über Polen aus und regeneriert in weiterer Folge
den Höhentrogkomplex über Südosteuropa. Die Trogachse überquert Süddeutschland
südwärts. Rückseitig stellt sich eine recht glatte nördliche Höhenströmung ein,
der breite Höhenrücken über den Britischen Inseln weitet sich ein wenig Richtung
Nordsee aus.
Die Kaltfront überquert Süddeutschland, die hauptsächlich postfrontal
auftretenden schauerartigen Regenfälle erreichen um die Mittagszeit die Alpen.
Ein kurzes Gewitter kann vor allem unmittelbar präfrontal nicht ausgeschlossen
werden, erscheint aus aktueller Sicht mangels Labilität aber eher
unwahrscheinlich. Nach wie vor simuliert ICON-EU die Kaltfront etwas
wetteraktiver als GFS und IFS (von 12 UTC). Im Stau der Alpen werden vor allem
nach Osten zu mehr als 10 mm in 12 Stunden simuliert, allerdings lässt GFS die
Regenfälle ähnlich weit nach Westen ausgreifen wie ICON, nämlich bis zum
Schwarzwald.
Das Bodenhoch verlagert seinen Schwerpunkt vielleicht etwas mehr Richtung
Nordsee, von dort aus bleibt ein Keil bis in die Mitte des Vorhersagegebietes
gerichtet, so dass nach Abklingen der Regenfälle die Wolken rasch auflockern.
Dabei dominiert Absinken, die Inversion reicht im Nordwesten bis auf unter 900
hPa, während die Luftmasse an der Grenze zu Polen in Trognähe noch leicht labil
geschichtet bleibt. Eventuell reicht es dort für den ein oder anderen kurzen
Schauer. Ansonsten setzt sich im Norden, Westen und in der Mitte vielerorts die
Sonne durch, teilweise hält sich aber auch lockere Sc-Bewölkung.
Der Wind frischt zeitweise böig aus Nord bis Nordwest auf, erreicht aber wohl
keine warnrelevanten Schwellen.
Postfrontal gelangt erneut ein Schwall maritimer Polarluft ins Vorhersagegebiet,
die Temperatur in 850 hPa sinkt auf 2 bis 5 Grad (nach Lesart des GFS bleibt es
im Südwesten allerdings etwas milder). Somit erreichen die Höchsttemperaturen
Werte zwischen 16 und 21 Grad, am Rhein eventuell auch darüber. Am
Erzgebirgsnordrand und am Alpenrand werden bei überwiegend dichten Wolken
dagegen keine 15 Grad erreicht.

In der Nacht zum Freitag verlagert sich das Höhentief über Polen allmählich
weiter nach Tschechien/Ostösterreich. Der über Großbritannien hinweg Richtung
nördliche Nordsee und Nordmeer gerichtete breite Höhenrücken ändert seine
Position dagegen kaum. Die Höhenströmung über dem Vorhersagegebiet dreht etwas
mehr auf Nordnordost. Das Bodenhoch verlagert seinen Schwerpunkt allmählich in
die westliche Nordsee, ein kräftiger, in die Mitte Deutschlands gerichteter Keil
kommt nach Süddeutschland voran. Somit klingen die Regenfälle in der Südhälfte
ab, lediglich an den Alpen bleibt es noch trüb und nach Osten zu fällt auch i8nd
en Frühstunden noch etwas Regen. Ansonsten lockern die Wolken aber auf,
teilweise ist es gering bewölkt, im Nordwesten kann sich eventuell
Nordseestratus breitmachen. Innerhalb der einströmenden Polarluft (T850 hPa
zwischen 1 und 4 Grad) kühlt es auf 10 Grad an den Küsten, sonst auf 8 bis 1
Grad ab, in ungünstigen Lagen kann es Bodenfrost geben und vor allem in der
Mitte und im Norden bildet sich stellenweise Nebel.


Modellvergleich und -einschätzung
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Alle vorliegenden Modelle simulieren im Kurzfristzeitraum eine sehr ähnliche
Wetterentwicklung. Wie im Text beschrieben, wird der Kurzwellentrog in der Nacht
zum bzw. am Donnerstag vom ICON-EU etwas markanter und somit wetteraktiver
simuliert als vom GFS, was aber wohl keine Warnrelevanz hat.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Winninghoff