DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

08-07-2020 09:30

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Mittwoch, den 08.07.2020 um 10.30 UTC



Am Freitag und Samstag mit Durchzug eines Wellentiefs noch unsichere Behandlung
der Niederschläge. Danach zunehmender Hochdruckeinfluss.
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Synoptische Entwicklung bis zum Mittwoch, den 15.07.2020


In der Nacht zum Samstag verlagert sich ein Wellentief auf der Vorderseite eines
Langwellentroges über Skandinavien über Norddeutschland hinweg zur Ostsee. Die
nachfolgende Kaltfront erreicht allmählich Süddeutschland. Damit verlagert sich
der Niederschlagsschwerpunkt nach Süddeutschland, genauer gesagt in die südlich
der Donau gelegenen Gebiete. Dort gehen die teils kräftigen Schauer und Gewitter
in skalige Niederschläge über und es fallen in der Fläche 5 bis 15, gebietsweise
um 20 Liter pro Quadratmeter innerhalb von 12 Stunden, wobei ein Überschreiten
von Warnschwellen nicht ausgeschlossen ist. Im Norden gibt es mit dem
Hereinschwenken des Troges Schauer, wobei diese durch das nordostwärts
gerichtete Ablaufen eines kurzwelligen Anteiles noch etwas befeuert werden.
Bleibt noch der Wind zu erwähnen, der auf der Südflanke des Tiefs durchaus mit
steifen, bei Kaltfrontpassage auch stürmischen Böen und bei Gewittern auch
Sturmböen daherkommt, sondern auch im Bereich der rückgebundenen Okklusion an
einem relativ gut ausgeprägten Bodentrog noch einmal teils stürmisch auflebt.

Am Samstag, zum Beginn des eigentlichen mittelfristigen Vorhersagezeitraums,
zieh die Kaltfront nach Polen und Tschechien ab und wird am Alpenraum
rückläufig, so dass es staubedingt am östlichen Alpenrand zu weiteren skaligen
teils kräftigen Niederschlägen kommen dürfte, wobei im Norden und in der Mitte
des Landes mit Vorrücken eines Keils des Azorenhochs zunächst noch wechselhaftes
Schauerwetter vorherrschen sollte. Diese sind nicht mehr so intensiv wie am
Alpenrand und somit auch nicht im warnwürdigen Bereich angesiedelt.
In der einfließenden etwas kühleren Atlantikluft (850 hPa Temperaturen um 5
Grad) erreichen die Temperaturen deutschlandweit Werte zwischen 18 und 23 Grad.

Von Sonntag bis Dienstag setzt sich von Westen zunehmend Hochdruckeinfluss
durch. In der weit nördlichen verlaufenden Frontalzone streifen etwaige
Tiefausläufer die Nordhälfte des Landes allenfalls abgeschwächt, somit sind dort
nur noch geringe Niederschläge zu erwarten. Im Süden bleibt es durchweg trocken.
Mit der Zufuhr deutlich wärmerer Laufmassen aus dem Südwesten Europas steigen
die Temperaturen deutlich an. Sie erreichen dann verbreitet Werte zwischen 23
und 30 Grad.
Am Mittwoch gelangt Deutschland auf die Vorderseite eines Kurzwellentroges, der
von der Nordsee her kommend Deutschland im Tagesverlauf erfasst, dabei gelangt
dann feuchtlabil gesichtete Warmluft nach Deutschland. Einzelne teils kräftige
Schauer und Gewitter sind die Folge.

In der erweiterten Mittelfrist stellt sich über Mitteleuropa eine Wetterlage mit
nur schwacher Druckverteilung ein. Damit bleibt die feuchtlabile Warmluft über
Deutschland liegen, in der es orographisch und durch den Tagesgang getriggert zu
einzelnen teils auch starken Gewittern kommen wird.

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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Ein Vergleich der letzten Läufe des IFS zeigt, dass diese das Wellentief am
Freitag recht konsistent simulieren. Die Verstärkung des Hochs über den
Britischen Inseln und Westeuropa am Wochenende und zu Beginn der kommenden wird
ebenfalls konsistent über die Läufe hinweg gezeigt. Erst zum Mittwoch nähert
sich von Westen her ein Kurzwellentrog mit der Zufuhr feuchtlabiler Warmluft.
Danach stellt sich über Mitteleuropa Tiefdrucksumpf ein. Dies zeigt die Mehrzahl
der IFS-Läufe.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Die Lösungen der gängigen globalen Modelle wie IFS, ICON, GEM und GFS haben sich
bis auf kleine Unterschiede in der Behandlung kurzwelliger Anteile in Phase,
Amplitude und Timing stark angenähert. Die größten Unterschiede existieren noch
in der Behandlung Wellentiefs im kurzfristigen Vorhersagebereichs.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Die Rauchfahnen für eine repräsentative Auswahl deutscher Städte zeigt mit
Ausnahme Hamburgs - wo es ja ohnehin schon frisch ist - einen deutlichen (in
Hamburg ansatzweisen) Rückgang der 850 hPa-Temperatur am Freitag. Dies wird auch
von allen Membern so mitgetragen, wobei Haupt- und Kontrolllauf in etwas mittig
und im Bereich der wahrscheinlichsten Lösung liegen. Auch danach verläuft die
Kurvenschar recht eng beieinander und zeigt einen allmählichen Aufwärtstrend.
Allen Rauchfahnen gemein ist darüber hinaus die zyklonale Delle beim 500
hPa-Geopotenzial am Freitag/Samstag, was für den nachfolgenden Trog spricht, der
so ebenfalls von allen Ensemblemitgliedern gezeigt wird. Als sicher kann man
auch den Anstieg des Geopotenzials am Wochenende und zu Beginn der neuen Woche
bezeichnen, was mit der Kräftigung des Hochs über den Britischen Inseln, bzw.
Westeuropa und anschließender Ausweitung in Richtung Mitteleuropa
korrespondiert. Deutlich zu erkennen ist auch, dass ab Mittwoch der Spread
größer wird, womit die Fortdauer des antizyklonalen Regimes in Frage gestellt
wird. So reagieren vor allem ab Mittwoch einzelne Member auch wieder mit ersten
Niederschlagssignalen.

Beim Clustering gibt es für den Zeitraum Samstag bis Sonntag (T+72...96h) drei
Cluster, die mit 23, 18 und 10 Membern besetzt sind. Haupt- und Kontrolllauf
korrespondieren mit dem zweiten Cluster. Die Cluster unterscheiden sich für
Mitteleuropa in der Ausprägung des Troges, vor allem aber in der Simulation der
Stärke und Position des Wellentiefs.

Im Zeitraum von Montag bis Mittwoch (T+120...168h) werden ebenfalls drei Cluster
gerechnet, wobei dabei die entscheidende Frage ist, wie schnell die
Hochdrucklage über Deutschland am Mittwoch enden wird, bzw. der Kurzwellentrog
von Westen her übergreifen wird. Da gibt es noch gewisse Unterschiede.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


Am Freitag werden sich in der in der Südhälfte lagernden labilen Luftmasse im
Tagesverlauf wahrscheinlich einzelne kräftige Gewitter mit Starkregen, Sturmböen
und Hagel entwickeln, unwetterartige Entwicklungen sind dabei nicht
ausgeschlossen. Auch an der Kaltfront sind vereinzelt Gewitter mit Sturmböen
möglich.
Wie oben erwähnt, können tagsüber in der Nordhälfte, in der Nacht zum Samstag an
den Alpen mit geringer Wahrscheinlichkeit die Warnschwellen für Dauerregen
überschritten werden. Darüber hinaus gibt es nicht nur bei konvektiven
Ereignissen stürmische Böen, sondern auch im Bereich der Kaltfront und zeit- und
gebietsweise im Bereich des nachfolgenden Bodentroges.

Am Samstag kann es an Nord- und Ostseeküste noch letzte starke bis stürmische
Böen aus Nordwest geben.

Nachfolgend ist aus heutiger Sicht nicht mit signifikanten Wettererscheinungen
zu rechnen.
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Basis für Mittelfristvorhersage
IFS, IFS-EPS, MOS-MIX
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Stefan Külzer