Thema des Tages

11-07-2020 08:20

Verknüpfung von operationellem Dienst und gezielter Forschungsarbeit

Die Digitalisierung macht auch vor den Wetterdiensten nicht halt. So
werden doch immer mehr Vorhersageprodukte zumindest
teilautomatisiert. Wo und wie die Synoptik auch noch punkten kann,
soll kurz erläutert werden.

Ziel des vorliegenden Textes ist ein kurzer Abriss über den
Know-how-Transfer aus der operationellen Vorhersagepraxis
(synoptischer Ansatz) in die angewandte und theoretische Forschung
(und umgekehrt, nur angedeutet).

Die Ausarbeitung von differenzierten Fallstudien auf synoptischer,
meso- und sub-skaliger Ebene soll dabei durch deren Interpretation
mit unterschiedlichen konzeptionellen Modellen sowie aktueller
Modellphysik und entsprechender Parametrisierung (Verwendung von
zusätzlichen Parametern und Algorithmen, um komplexe physikalische
Phänomene wie z.B. Turbulenz mathematisch exakter darzustellen) für
die Evaluierung und Verifizierung von globalen und vor allem
hochaufgelösten Vorhersagemodellen genutzt werden.

Kurz um geht es um (doppeltes) Feedback aus der theoretischen und
praktischen Meteorologie und die Nutzung von Synergien zwischen
konzeptionellen Modellen und parameterbasierten Vorhersagen
einerseits und die Anwendung des Standes der aktuellen Modellphysik
andererseits.

Ein solcher Ansatz kann mitunter zur Einführung neuer oder Anpassung
bestehender Parameter führen. Dies geschieht u.a. mit diversen
physikalischen und mathematischen Methoden zur Verbesserung der
operationellen Vorhersage. Basis dafür sind differenzierte
synoptische Analysen auf der einen Seite und die physikalische
Interpretation synoptisch relevanter Abweichungen sowie zeitlicher
und räumlicher Inhomogenitäten der Vorhersagefelder auf der anderen
Seite.

Die Ergebnisse können z.B. eine verbesserte Parametrisierung oder
neue explizite Modellrechnungen (d.h. unterschiedliche oder
angepasste meteorologische Antriebe, auch Forcings genannt) und damit
eine verbesserte Wettervorhersage (vor allem für kurz- und auch
mittelfristige Wettervorhersagen) sein. Idealerweise ergibt sich dann
auch ein besseres Verständnis der physikalischen und chemischen
Prozesse und der komplexen Wechselwirkungen zwischen sowie innerhalb
von Atmosphäre und Ozean.

In der beigefügten Grafik ist mal beispielhaft der Prozessablauf
dieser Methodik dargestellt. Enthalten sind jeweils auch mehrere
Rückkopplungen und Querbeziehungen, die der Prozessoptimierung dienen
sollen.

Beim Deutschen Wetterdienst (DWD) wird diese Methodik u.a. durch
regelmäßige Evaluierungssitzungen zwischen der Abteilung Forschung
und Entwicklung (FE) und der Vorhersage- und Beratungszentrale (VBZ)
umgesetzt, d.h. konkret werden interessante synoptische Fälle in
Zusammenhang mit der Qualität und Konsistenz von diskreten
Modellprognosen gebracht.

Aktuell laufen dazu Arbeiten und Fallstudien zur verbesserten
Böen-Parametrisierung mit Hilfe zusätzlicher dynamischer Parameter.

Ebenso werden derzeit Vorschläge für eine verbesserte (erweiterte)
Mittelfristvorhersage (ab Vorhersagetag 10 bis Tag 15) diskutiert,
auch um die Lücke zu sub-saisonalen und Langfristvorhersagen zu
schließen. Dabei geht es u.a. um die verstärkte Einbeziehung
diagnostischer und prognostischer Parameter aus der Stratosphäre.

Abschließend lässt sich festhalten, dass sich die Prognosegüte in den
letzten Jahren gerade durch exaktere Modellberechnungen bereits
erheblich verbessert hat. Auch die Fernerkundungsmethoden sowie die
so genannte Datenassimilation (Datenerhebung, um den Ist-Zustand der
Atmosphäre besser darzustellen) schreiten immer schneller voran.

In diesem Sinne sind weitere Synergien zu nutzen, um die optimale
Verknüpfung von angewandter und theoretischer Forschung einerseits
und der operationellen Praxis andererseits weiter zu verstetigen.


Dr. rer. nat. Jens Bonewitz
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 11.07.2020

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