Thema des Tages

09-08-2020 10:20

Wasser marsch! Wie Sie Pflanzen richtig gießen.

Warum Pflanzen bei sonnigem Hochdruckwetter nach Wasser lechzen und
wie Sie deren Durst am effektivsten stillen, erfahren Sie im heutigen
Thema des Tages.

Wenn die große Hitze Einzug hält, geht die Fachsimpelei unter
Hobbygärtnern los: Wie stillt man den Durst der im Hochsommer
regelrecht nach Wasser lechzenden Blumen und Pflanzen am besten?
Gießt man lieber morgens oder abends? Gießt man lieber in geringen
Mengen möglichst oft oder doch lieber seltener, dann aber in rauen
Mengen?

Bei sonnigem und heißem Hochdruckwetter verdunstet über den Tag
verteilt deutlich mehr Wasser von einem mit Pflanzen bewachsenen
Boden als durch die etwaigen, eher seltenen und räumlich eng begrenzt
auftretenden Schauer oder Hitzegewitter hinzugeführt werden kann. Der
Boden trocknet also immer mehr und immer tiefer aus. Die Wassermenge,
die von einem Pflanzenbestand bei ausreichender Nährstoff- und
Wasserversorgung in Form von Wasserdampf an die Atmosphäre abgegeben
wird, bezeichnet man als potenzielle Evapotranspiration - sie
entspricht der maximal möglichen Verdunstung. Dabei gilt, je sonniger
und windiger das Wetter, je trockener die Umgebungsluft und je höher
die Temperatur des Bodens und der bodennahen Luftschichten, desto
größer die maximal mögliche Verdunstungsrate. Zur Bestimmung der
Verdunstung kommen sog. Lysimeter zum Einsatz, die die
Niederschlagsmenge und die Sickwassermenge, also die Wassermenge, die
im Boden versickert, ins Verhältnis setzen. An sonnigen
Hochsommertagen verdunsten gut und gerne mal 5-7 l/qm Wasser am Tag -
sofern diese Wassermenge überhaupt noch zur Verfügung steht.

Aus den vereinfacht dargestellten Zusammenhängen zwischen der
Verdunstung und den meteorologischen Größen lässt sich schließen,
dass die Verdunstung vornehmlich am Tage stattfinden muss. Folglich
kann das Gießen tagsüber im Grunde nur die Bedeutung eines "Tropfens
auf den heißen Stein" haben. Tatsächlich werden die Pflanzen durch
das mittägliche Gießen jeglicher Chance beraubt, das Wasser in
größeren Mengen aufzunehmen. Denn es verdunstet fast vollständig auf
dem Weg von der Gießkanne oder dem Gartenschlauch bis zur Wurzel.

Ganz anders sieht es in der Nacht bzw. vor Sonnenaufgang in den
frühen Morgenstunden aus. Etwa zwischen 3 und 4 Uhr, wenn der Boden
am kühlsten ist und nur eine minimale Menge an Wasser verdunsten
kann, ist das Bewässern am effektivsten. Damit "Morgenmuffel" oder
Freunde des straffen morgendlichen Zeitmanagements sich nun nicht
gänzlich ins Abseits gestellt fühlen, soll an dieser Stelle angemerkt
werden, dass das Blumengießen am späten Abend immer noch besser ist
als am helllichten Tage, auch wenn durch die noch warmen Böden etwas
mehr Wasser verdunsten kann als morgens.

Wenn es nicht anders geht, sollte beim Bewässern tagsüber darauf
geachtet werden, dass kein Wasser auf den Blättern stehen bleibt.
Denn Wassertropfen wirken wie ein Brennglas, durch die die
Sonnenstrahlung verstärkt und besonders schädlich für die Pflanzen
wird. Deswegen ist eine Gießkanne, mit der das im Optimalfall
kalkarme Regenwasser (z. B. aus der Zisterne) direkt auf die Erde
gegeben wird, einem Rasensprenger immer vorzuziehen.

Darüber hinaus sind sich die Experten einig, dass man lieber seltener
und dafür etwas mehr als jeden Tag ein bisschen gießen sollte, um
beispielsweise ein Pilzwachstum zu verhindern. Für Topfpflanzen auf
Balkonen gilt dies natürlich nicht, diese dürfen gerne zweimal
täglich gegossen werden. Übrigens: Nach einem heftigen Gewitterregen
sollte man die Gießkanne nicht stehen lassen, sondern lieber
nachlegen. Denn zum einen befeuchtet der kurze Regenguss den Boden
nur sehr oberflächlich, zum anderen nehmen die Pflanzen bei hoher
Luftfeuchtigkeit Wasser besser auf.

Ein wichtiger Hinweis zum Schluss: Wenn Sie Trinkwasser zur
Bewässerung nutzen, sollten Sie immer aktuelle Empfehlungen der
Stadtwerke bzw. der wasserwirtschaftlichen Betriebe Ihrer Gemeinde
bezüglich des Trinkwasserangebotes berücksichtigen. Denn gerade in
Trockenzeiten ist Trinkwasser ein rares, kostbares Gut.

Dipl.-Met. Adrian Leyser
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 09.08.2020

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