Thema des Tages

08-09-2020 10:50

Höhentief über dem westlichen Mittelmeer

Im westlichen Mittelmeer herrscht gerade alles andere als
Urlaubswetter, denn hier zieht ein Höhentief seine Kreise und darauf
soll im heutigen Thema des Tages eingegangen werden.


Während sich das Wetter bei uns in Deutschland derzeit aus
meteorologischer Sicht eher von seiner unspektakulären Seite zeigt,
ist dies im westlichen Mittelmeerraum ganz anders. Seit Tagen hat
sich hier ein sogenanntes Höhentief positioniert und treibt sein
Unwesen. Ein Höhentief ist ein Tiefdruckgebiet, das in höheren
Atmosphärenschichten auftritt, zum Beispiel in 5,5 km Höhe. Dabei ist
es in den üblichen Bodenwetterkarten nicht zu finden, da diese die
Drucksituation auf Bodenniveau darstellen. Im Zentrum des Höhentiefs
ist die Luft dabei relativ kalt, während sie am Boden vergleichsweise
warm ist. Dieser Temperaturkontrast führt dazu, dass die Luftsäule
labilisiert (instabil) wird, wodurch sich hochreichende Regen- und
Gewitterwolken bilden können. Besonders im Herbst kann sich die Luft
im Mittelmeerraum in Verbindung mit dem noch sehr warmen Wasser mit
Feuchtigkeit anreichern und somit für heftige Niederschläge sorgen.
Durch die oftmals nur sehr langsame Verlagerung eines Höhentiefs sind
regional große Regenmengen möglich.

Genau solch eine Konstellation zeigt sich derzeit über dem westlichen
Mittelmeerraum. Die Wassertemperaturen liegen dort meist bei 24 bis
27 Grad und die Luft in etwa 5,5 km Höhe ist mit -15 Grad recht kalt.
Dies ergibt eine Temperaturdifferenz von etwa 40 Grad, was geradezu
prädestiniert ist, dass sich heftige Schauer und Gewitter bilden
können. In den letzten zwei Tagen kamen in manchen Orten auf den
Balearen 60 bis 100 l/qm Regen, stellenweise auch noch etwas mehr vom
Himmel. Ein Großteil davon fiel dabei innerhalb weniger Stunden.
Schwere Überschwemmungen und teilweise Felsrutschungen waren die
Folge. Lokal traten auch Sturmböen auf.

Dadurch, dass sich das angesprochene Höhentief nur ganz langsam von
West nach Ost verlagert, sind in den nächsten zwei Tagen die Regionen
vom Löwengolf, über Nordostspanien und die Balearen bis an die
algerische Mittelmeerküste von teils heftigen Regenfällen sowie
Sturmböen betroffen. In den genannten Regionen muss innerhalb von 24
Stunden mit Regenmengen zwischen 50 und 100 l/qm gerechnet werden.
Aufsummiert über zwei Tage sind lokal sicherlich um 150 l/qm möglich.
Die Grafik
(https://www.dwd.de/DE/wetter/thema_des_tages/2020/9/8.html) zeigt
dabei die aufsummierten Niederschlagsmengen bis Donnerstagmorgen. Die
Hotspots scheinen dabei meist über dem Meer zu liegen, aber ein
Höhentief ist bezüglich seiner genauen Position meist schwer für die
Modelle zu erfassen. Die vom hochauflösenden Lokalmodell Euro4
aufgeführten Summen (in der Grafik nicht dargestellt) von teils über
300 l/qm scheinen zu hoch auszufallen, während die Mengen von GFS
voraussichtlich zu niedrig angesetzt sind.

Am Donnerstag und Freitag zieht das Höhentief dann ganz allmählich
weiter in Richtung Sardinien und Korsika und sorgt von Südfrankreich
und Nordwestitalien über das Tyrrhenische Meer bis ins nördliche
Tunesien für unwetterartige Schauer und Gewitter mit ähnlichen
Begleiterscheinungen wie die Tage zuvor weiter westlich. Eine
Abschwächung deutet sich dann zum Wochenende hin an.


Dipl.-Met. Marcel Schmid
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 08.09.2020

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