Thema des Tages

11-09-2020 11:20

Kleine Synoptikkunde (3) - Alles dreht sich

Im dritten Teil unserer kleinen Synoptikkunde dreht sich -
buchstäblich - alles um das Drehen. Es geht um Wirbel, die damit
verbundene wichtige Größe "Vorticity" und wofür man sie in der
Wettervorhersage braucht.

In den letzten Folgen der kleinen Synoptikkunde beschäftigten wir uns
mit Geopotenzial und dessen Verteilung in Rücken und Trögen. Dabei
konnte man sehen, dass Rücken und Tröge gekrümmt sind. Diese
Krümmungen spielen bei der Wettervorhersage eine wichtige Rolle, denn
an ihr lassen sich das Aufsteigen und Absinken von Luftmassen und die
damit verbundene mögliche Bildung von Druckgebieten herleiten.

Die Vorticity ist ein Maß für die Stärke eines Wirbels. Man kann sich
dabei einen Eiskunstläufer (oder eine Eiskunstläuferin) vor, der
fleißig Pirouetten auf dem Eis dreht. Je schneller er (oder sie) sich
dreht, desto mehr Vorticity ist im Spiel. Genauso verhält es sich mit
der Atmosphäre.

In der Meteorologie betrachtet man dabei ein einzelnes Luftpaket
(z.B. einen Würfel). Dieses kann sich z.B. auf einer Kurvenbahn
bewegen. Durch eine solche Bewegung erhält es absolute Vorticity, da
das Luftpaket als Ganzes bewegt wird. Dies ist z.B. der Fall, weil
die Erde rotiert. Ein Luftpaket kann aber auch in sich selber
verwirbelt werden. Dann besitzt es relative Vorticity. Beide
Komponenten zusammen ergeben dann die gesamte Vorticity des
Luftpakets.

Betrachten wir weiter die relative Vorticity, so unterscheidet man
zwischen sogenannter Krümmungs- und Scherungsvorticity (siehe Abb.
1). Krümmungsvorticity tritt auf, wenn eine Luftströmung ihre
Richtung ändert. Dort ist die Vorticity entsprechend groß, da die
Luft quasi "gedreht" wird. Scherungsvorticity erhält man, wenn die
Luft unterschiedliche Geschwindigkeiten besitzt. Betrachten wir
wieder unser Luftpaket, so wird es an einer solchen Grenze auf der
einen Seite stärker bewegt als auf der anderen, und wird damit in
Rotation versetzt (siehe Abb. 1). Es erhält also auch hier Vorticity.
Krümmungs- und Scherungsvorticity können in Kombination auftreten,
sich gegenseitig verstärken oder aufheben.

Entscheidend für die Wettervorhersage ist aber nicht die Vorticity
alleine, sondern deren Änderung, bzw. Advektion (d.h. Heranführung).
Hebung - und damit Konvektion oder Druckabfall am Boden - findet in
einem Bereich statt, in dem positive (zyklonale) Vorticity advehiert
wird. Zusätzlich muss die Advektion mit der Höhe auch noch zunehmen.
Das nennt man dann "differenzielle positive Vorticityadvektion", und
diese ist mitentscheidend für die Entstehung von Tiefdruckgebieten am
Boden.

M.Sc. Met. Felix Dietzsch
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 11.09.2020

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