Thema des Tages

17-10-2020 08:50

Ekman war ein "Grenzschichtgänger"

In der Reihe berühmter Mathematiker und Physiker, die die Entwicklung
der Meteorologie maßgeblich geprägt haben, folgt im heutigen
Tagesthema der schwedische Physiker und Ozeanograph Vagn Walfrid
Ekman.

Vagn Walfrid Ekman kam 1874 in Stockholm als vierter Sohn des
Chemikers und Hydrographen Fredrik Laurentz Ekman zur Welt.

Er studierte zunächst Physik an der Universität Uppsala und besuchte
ebenso Vorlesungen zur Ozeanografie. Wegweisend waren für ihn vor
allem die Vorlesungen von Vilhelm Bjerknes, der neben vielen anderen
Disziplinen auch die Strömungslehre behandelte.

In diesem Zusammenhang sei die Polar-Expedition von Fridtjof Nansen
erwähnt, auf welcher dieser entdeckte, dass Eisberge nicht in die
Richtung des Windes driften, sondern von dieser mit einem Winkel von
etwa 20 - 40 Grad abweichen.

Für diesen Sachverhalt lieferte V.W. Ekman noch als Student eine
physikalische Erklärung mit der so genannten Ekman-Spirale. Diese
stellt eine idealisierte mathematische Beschreibung der durch
Reibungs- und Coriolis-Kraft (ablenkende Kraft durch die Erdrotation)
bestimmten Geschwindigkeitsverteilung und Richtungsänderung von Wind
und Strömung in der Grenzschicht von Atmosphäre (reicht vom Erdboden
bis in etwa 1500 m Höhe) oder Ozean dar.
Ein weiterer wesentlicher Beitrag zur Meteorologie liefert das so
genannte Ekman-Pumping. Zu erklären ist dieses Phänomen auf folgende
Art und Weise: Wenn durch die turbulente Reibung innerhalb der
atmosphärischen Grenzschicht (oder aber infolge von Verwirbelungen
durch lokal erhöhte Rauhigkeit oder Orografie) eine Vertikalbewegung
induziert wird, spricht man vom Ekman-Pumping. Man kann sich das so
vorstellen, dass aufgrund teils konvergierender (oder
zusammenlaufender) Windrichtungen (reibungsbedingt innerhalb der
Grenzschicht) die Luftmoleküle bodennah aneinander reiben und so eine
zwangsweise Ausweichbewegung nach oben erfolgen muss.
Nachdem er 1902 sein Studium mit Erlangung des Doktorgrades
abgeschlossen hatte, ging Ekman an das Internationale Laboratorium
für ozeanografische Forschung in Kristiania (heute Oslo), wo er
sieben Jahre wirkte. Von 1910 bis 1939 setzte er seine theoretischen
und praktischen Arbeiten an der Universität Lund als Professor für
Mechanik und Mathematische Physik fort. Seine Untersuchungen zum
Zusammenwirken von Windkraft, Coriolis-Kraft und Reibung führten zu
weitreichenden Erkenntnissen über die Entstehung und das Verhalten
von Meeresströmungen. Er beschäftigte sich unter anderem theoretisch
und experimentell mit dem Totwasser, einem unter Schifffahrern
bekannten Phänomen, insbesondere an Flussmündungen und in
abgeschlossenen Wasserbecken (zum Beispiel Kanälen).
Was aber ist die Ursache dieses mysteriösen Bremseffekts? Schon 1904
versuchte V.W. Ekman, dem Geheimnis des "toten Wassers" auf die Spur
zu kommen. In Laborversuchen fand er heraus, dass dieser Effekt immer
dann auftritt, wenn das Meerwasser stark geschichtet ist -
beispielsweise, weil sich leichteres Schmelzwasser über das salzige
Meerwasser legt. Ein fahrendes Schiff erzeugt dann interne Wellen an
der Grenze beider Schichten, die seine Bewegung abbremsen.
1910 wurde er in die Königliche Physiographische Gesellschaft in
Lund, 1931 in die Königliche Wissenschafts- und Gelehrtengesellschaft
in Göteborg und 1935 sowohl in die Norwegische Akademie der
Wissenschaften als auch in die Königlich Schwedische Akademie der
Wissenschaften berufen. Ebenso war er Mitglied des Schwedischen
Nationalkomitees für Physik.
V.W. Ekman starb 1954 im schwedischen Gostad. Sein Lebenswerk ist
geprägt durch viele wichtige Erkenntnisse im Bereich der
Theoretischen Meteorologie, die insbesondere zum Verständnis der
physikalischen Prozesse innerhalb der atmosphärischen und ozeanischen
Grenzschicht beigetragen haben.


Dr. rer. nat. Jens Bonewitz
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 17.10.2020

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