Thema des Tages

19-12-2020 09:20

Die dunkle Jahreszeit

Am kommenden Montag (21.12.2020) beginnt nicht nur der kalendarische
Winter, sondern dieser Tag ist auch der kürzeste des Jahres. Während
der Dezember bisher gebietsweise nur wenig Sonnenschein zu bieten
hatte, sah es in anderen Monaten dieses Jahres ganz anders aus.

Nach dem überdurchschnittlich sonnigen November 2020 geizt der
Dezember 2020 bisher mit Sonnenschein: Im deutschlandweiten Mittel
wurden bis zum 18.12.2020 nur 18 Stunden Sonnenschein gemessen,
sodass der Mittelwert der international gültigen Referenzperiode 1961
bis 1990 von 39 Stunden für den ganzen Dezember bisher nur zu etwas
mehr als einem Drittel erfüllt wurde (siehe Grafik unter
https://www.dwd.de/DE/wetter/thema_des_tages/2020/12/19_Bild.png).
Schaut man sich die Vorhersagen der kommenden Tage mit vielen Wolken
und Niederschlägen an (mit Ausnahme des heutigen Samstags), so deutet
sich keine deutliche Aufbesserung dieser Bilanz an. Am Ende wird
dieser Monat daher wahrscheinlich als zu trüb und dunkel in die
Wetterannalen eingehen.

Astronomisch gesehen wären im Dezember im Mittel in Deutschland etwa
248 Stunden Sonnenschein möglich (berechnet aus den Daten der Städte
Hamburg, Berlin, Köln, Offenbach und München), anteilig hätte sie bis
zum 18. Dezember damit schon ca. 145 Stunden scheinen können. Da aber
nur 18 Stunden zusammengekommen sind, schien sie bisher also gerade
einmal rund 12 % der möglichen Zeit. Auf den ganzen Monat bezogen
wären das sogar nur 7 % (siehe Eintrag in der Grafik). Die 12 %
verdeutlichen auf der anderen Seite auch, dass zu 88 % der möglichen
Zeit die Sonne nicht geschienen hat! Mit anderen Worten: Wenn man in
diesem Dezember hinausgegangen ist, dann war es sehr wahrscheinlich,
dass der Himmel sich Grau in Grau zeigte.

Für die Fans des Sonnenscheins halten die "schlimmen" Zeiten noch an,
denn die drei dunkelsten (oder auch grauesten oder trübsten) Monate
des Jahres sind die von November bis Januar. So gibt es im November
durchschnittlich 54, im Januar nur noch 38 und im Januar 44 Stunden
Sonnenschein (wiederum bezogen auf das Mittel der Jahre 1961-1990).
Dabei spielen sowohl die astronomische als auch die meteorologische
Begrenzung der Sonnenscheindauer eine Rolle.

Astronomisch betrachtet sind im November 268, im Dezember 248 und im
Januar 264 Stunden Sonnenschein möglich. Hauptgrund für diese relativ
niedrigen Werte ist dabei die Tageslänge (Sonnenaufgang bis
-untergang), die bis zur Wintersonnenwende am 21. oder 22. Dezember
(Winterbeginn auf der Nordhalbkugel) immer weiter abnimmt und sich
danach erst ganz langsam wieder erholt. Mit den längsten Tagen im
Jahr rund um die Sommersonnenwende am 20., 21. oder 22. Juni
(Sommerbeginn auf der Nordhalbkugel) sind im Juli dagegen sogar 498
Stunden Sonnenschein möglich, was etwas mehr als doppelt so lang ist
wie im Dezember!

Bei der meteorologischen Begrenzung spielt die astronomische auch
eine Rolle: Durch die immer kürzere Zeitspanne, die die Sonne in den
dunkelsten Monaten des Jahres überhaupt scheinen kann, schafft sie es
immer seltener, eventuellen Nebel und Hochnebel aufzulösen. Dieser
kann sich in den zunehmend längeren Nächten dagegen immer häufiger
bilden. Vor allem die Zeit zwischen Mitte Oktober und Mitte März ist
prädestiniert dafür. Unter Umständen kann es bei länger andauernden
Hochdruckwetterlagen unterhalb einer sich dabei oft ausbildenden
Inversion (Temperaturzunahme mit der Höhe) durch eine mehr oder
weniger mächtige Hochnebeldecke tagelang keinen Sonnenschein geben.
So zeigt das Verhältnis aus mittlerer (1961-1990) und maximal
möglicher monatlicher Sonnenscheindauer einen Jahresgang mit Minima
in den Monaten rund um die Wintersonnenwende.

In der Bilanz für das Jahr 2020 sticht vor allem der April heraus.
Mit 294 Stunden Sonnenschein im deutschlandweiten Mittel nimmt er den
Spitzenplatz ein, obwohl dieser Monat nicht den maximal möglichen
Sonnenschein vorweisen kann. Bei 417 astronomisch möglichen Stunden
schöpfte der April satte 70 % seines Potenzials aus. Selbst der Juli
brachte es nur auf 230 Stunden, was ihn auf den zweiten Platz in
diesem Jahr hievte.
Auf den hinteren Plätzen hingegen landen erwartungsgemäß neben
wahrscheinlich dem Dezember der Januar und der Februar mit 60 bzw. 65
Stunden Sonnenschein im deutschlandweiten Mittel. Und auch der
Oktober 2020 nutze nur 21 % seines Sonnenscheinpotenzials und kam so
nur auf 70 Stunden.

Dipl.-Met. Simon Trippler
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 19.12.2020

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