Thema des Tages

20-12-2020 11:50

Kleine Synoptikkunde (7) - Die Temperatur als Maß vieler Dinge

Mit dem Begriff "Temperatur" kann wohl jeder von uns etwas anfangen.
Aber wussten Sie auch, dass man zum Beispiel den Feuchtegehalt von
Luft mit der Temperatur ausdrücken kann? Unser heutiges Thema dreht
sich um Taupunkte und potentielle Temperaturen.

Luftmassen spielen eine zentrale Rolle bei der Wettervorhersage. Sie
lassen sich dabei durch zwei elementare Eigenschaften
charakterisieren: Temperatur und Feuchte. Ist die Luftmasse warm oder
kalt? Ist sie trocken oder feucht? Diese Fragen möchte man als
Meteorologe möglichst schnell und einfach beantworten können.
Bezüglich der Temperatur einer Luftmasse ist das auch kein Problem,
diese lässt sich schließlich ziemlich einfach bestimmen. Anders sieht
das dagegen bei der Feuchtigkeit aus.

Das allgemein bekannteste Feuchtemaß dürfte die "relative Feuchte"
sein, die in Prozenten angegeben wird. Das wäre sicherlich ein
einfach zu benutzendes Maß, wenn es da nicht ein Problem gäbe: Der
maximal mögliche Feuchtegehalt der Luft hängt selber wieder von ihrer
Temperatur ab. Denn Luft verhält sich wie eine Art Schwamm. Je wärmer
sie ist, desto mehr Wasserdampf kann in ihr enthalten sein. Bei
Abkühlung sinkt also der mögliche Gesamtgehalt an Wasserdampf der
Luft, bis eventuell ein Punkt erreicht ist, an dem der tatsächliche
Feuchtegehalt dem maximal möglichen entspricht. Dann beginnt der
Wasserdampf zu kondensieren. Dieses Phänomen kennt jeder: Es bildet
sich Nebel. Da den Meteorologen weniger der relative, sondern der
absolute Wasserdampfgehalt der Luft interessiert, wurde man an dieser
Stelle findig und hat ein neues Temperaturmaß eingeführt: die
Taupunkttemperatur. Dabei handelt es sich genau um ebenjene
Temperatur, bei der Feuchte auszukondensieren beginnt und sich z.B.
Tau an Oberflächen bildet. Daher leitet sich auch der Name ab.

Die Taupunkttemperatur ist für die Vorhersage ein ziemlich
praktikables Maß, denn sie lässt sich vielfältig einsetzen. Zum
Beispiel kann man vor allem im Winter anhand des Taupunktes die
nächtlichen Minimumtemperaturen abschätzen, denn diese können nicht
unter den Taupunkt sinken. Im Sommer kann man am Taupunkt unter
anderem erkennen, wie groß die Wärmebelastung wird. Taupunkte ab 16
Grad oder mehr werden meist als belastend empfunden, die Luft ist
dann schwül. Außerdem geht mit hohem Taupunkt auch erhöhtes
Gewitterpotenzial einher, da Feuchte eine der nötigen Zutaten für
Blitz und Donner darstellt. An der Differenz zwischen Temperatur und
Taupunkt, dem sogenannten "Spread", lassen sich wiederum schnell
Rückschlüsse auf die relative Feuchte einer Luftmasse ziehen.

Neben dem Taupunkt lassen sich noch weitere Temperaturmaße ableiten.
Häufig im Gebrauch ist dabei die "Äquivalentpotenzielle Temperatur",
ein kombiniertes Temperatur- und Feuchtemaß. Dabei wird ein Luftpaket
durch imaginäres Heben oder Senken auf ein Referenzdruckniveau - zum
Beispiel 1000 hPa - gebracht. Hierbei ändert sich mit der
Höhendifferenz auch seine Temperatur. Dieses Temperaturmaß nennt man
"Potenzielle Temperatur". Anschließend wird der gesamte Wasserdampf
dieses Luftpakets ebenfalls imaginär auskondensiert. Durch den
Kondensationsprozess wird latente Wärme frei. Diese wird der
potentiellen Temperatur des Luftpakets zusätzlich aufgeschlagen und
man erhält die äquivalentpotenzielle Temperatur.

Die äquivalentpotenzielle Temperatur lässt sich unter anderem gut für
die Vorhersage und die Analyse nutzen. In ihrer Kartendarstellung
lassen sich verschiedene Luftmassen einfach voneinander abgrenzen.
Außerdem werden mitunter Fronten, die man in normalen
Kartendarstellungen kaum ausmachen kann, deutlicher hervorgehoben.

M.Sc. Felix Dietzsch
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 20.12.2020

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