Thema des Tages

06-01-2021 08:50

Von cA bis mT: Die Luftmassen-Klassen

Wenn Meteorologen die Wetterlage beschreiben, dann ist häufig die
Rede von "Luftmassen". Was es damit auf sich hat und warum eine
Erkennung und Klassifizierung für die Wettervorhersage wichtig ist,
erfahren Sie im heutigen Tagesthema.

"Unter Tiefdruckeinfluss bleibt erwärmte subpolare Meeresluft
wetterbestimmend" - wer kennt sie nicht, die Einleitung eines jeden
klassischen Wetterberichtes. Was wie ein allgemeinverständlicher
"Appetizer" für die nachfolgende, eher schlichte Wettervorhersage
daherkommt, hat einen komplexen wissenschaftlichen Hintergrund.
Gemeint ist die Erwähnung der vorherrschenden oder herangeführten
Luftmasse, die für die Charakterisierung der Großwetterlage seit
jeher unverzichtbar ist.

In der Meteorologie versteht man unter der "Luftmasse" eine größere
Ansammlung von Luft, die durch eine einheitliche oder ähnliche
Temperatur bzw. Temperaturschichtung und Feuchtigkeit charakterisiert
ist. Den Übergangsbereich zweier verschiedener Luftmassen bezeichnet
man als Luftmassengrenze oder - vor allem wenn sich diese im
zeitlichen Verlauf verschiebt - auch als Front. Diese Fronten sind
nicht selten von herausragender Bedeutung, da sich die markantesten
Wettererscheinungen wie mächtige Regen-, Schnee- und Gewitterwolken
gerne auf diese konzentrieren. Je nachdem, welche Luftmassen
beteiligt sind und wie sie miteinander wechselwirken, kann das Wetter
sehr unterschiedlich ausfallen. Deswegen ist es wichtig, Luftmassen
zu erkennen und zu klassifizieren.

Die Klassifizierung der Luftmassen geht zurück auf Untersuchungen an
der Universität Bergen (Norwegen) Anfang der 1920er Jahre.
Federführend waren dabei Vilhelm Bjerknes und sein Sohn Jacob sowie
Halvor Solberg und Tor Bergeron. Sie erkannten früh, dass sich die
Temperatur- und Feuchtigkeitseigenschaften von Luftmassen über
längere Zeit nur unwesentlich ändern, während sie über die
Erdoberfläche strömen. Die Forscher unterschieden die Luftmassen nach
ihrem Ursprungsgebiet und der Oberflächenbeschaffenheit der Region
(Meer oder Festland). Aus diesen Überlegungen lassen sich zwei
Hauptluftmassen ableiten: die Polarluft aus hohen Breiten und die
Tropikluft aus niederen Breiten, die beide entweder maritimem (m)
oder kontinentalem (k) Ursprungs sein können. Da diese einfache
Klassifikation der Vielfältigkeit der Luftmassen aber nicht gerecht
wurde, verfeinerte man sie in späteren Arbeiten. Nach Richard
Scherhag z. B. unterscheidet man auf der warmen Seite zwischen
äquatorialer (E), tropischer (T) und subtropischer (S) Luft, auf der
kalten Seite zwischen subpolarer (P) und arktischer (A) Luft. Ergänzt
werden diese Luftmassen noch durch eine Art "Zwitter", die Luft der
mittleren Breiten (Sp).

Die um Tief- und Hochdruckgebiete herrschenden Luftströmungen
transportieren die Luftmassen aus ihren Ursprungsgebiet theoretisch
überall hin - auch nach Mitteleuropa. Wenn sie dabei einen weiten Weg
zurücklegen, verändern sie nach und nach ihre Eigenschaften. Typisch
ist zum Beispiel eine Erwärmung (s) der subpolaren Kaltluft auf ihrem
Weg über warmes Meereswasser im Winter oder warme Erdoberflächen und
starke Sonneneinstrahlung im Sommer. Ferner kann eine Luftmasse, wenn
sie länger über einer Region ruht (man sagt im Fachjargon gerne auch
"altert") oder in besonders weitem Bogen um Tiefs und Hochs
herumgeführt wird und sich vielleicht sogar mit anderen Luftmassen
unterschiedlicher Herkunft mischt, nicht mehr eindeutig maritimem
oder kontinentalem Ursprunges zugeordnet werden (x).

Die Tabelle unter diesem Artikel auf
https://www.dwd.de/DE/wetter/thema_des_tages/2021/1/6.html zeigt im
Wesentlichen alle Luftmassen, die das europäische Wetter
beeinflussen. Der aufmerksame Leser erkennt in der ersten Spalte die
Kombination kleiner und großer Buchstaben, deren Bedeutung in diesem
Text erläutert wurden. Sie stellt die "Kennung" oder Abkürzung der
Luftmasse dar. In der zweiten Spalte ist die vollständige
Bezeichnung, in der dritten das Ursprungsgebiet und in der vierten
die typischen Eigenschaften der jeweiligen Luftmassen für Sommer und
Winter.

Dipl.-Met. Adrian Leyser
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 06.01.2021

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