Thema des Tages

30-01-2021 10:50

Deutschland bleibt Spielfeld der Luftmassengrenze!

Winter kontra Frühling oder auch frostiger Norden und milder
Südwesten. Ein Duell mit viel Niederschlag - Hochwasser an den
Flüssen, Frühlingstemperaturen am Oberrhein und Winterfeeling von der
Nordsee bis nach Brandenburg.

Das Wetter in Deutschland kann sich derzeit nicht wirklich für den
Winter oder den Frühling entscheiden. Allerdings scheint die milde
Luft subtropischen Ursprungs mittelfristig in größeren Teilen des
Landes die Oberhand zu behalten. Aber der Reihe nach.

Seit letzten Mittwoch, den 27. Januar, wird das Wetter in Deutschland
von einer Luftmassengrenze dominiert (siehe auch Thema des Tages vom
28. Januar, Links). Dabei konnte milde Luft subtropischen Ursprungs
die kalte Polarluft nach Norden schieben und im Südwesten bei
Höchstwerten bis 14 Grad ein erstes Frühlingsfeeling auslösen. Die
milde Subtropikluft war aber auch mit viel Wasser vollgesogen, sodass
kräftige und länger anhaltende Niederschläge auftraten. Im
Grenzbereich der Luftmassen sowie auf der Nordseite kam es dagegen zu
teils kräftigem Schneefall. Als Folge fielen in den vergangenen drei
Tagen im Süden, dem Westen und der Mitte verbreitet 20 bis 50 l/qm,
regional wie in Mittel- und Osthessen, der Eifel, im Schwarzwald und
dem Allgäu auch 50 bis 90, örtlich teils sogar über 100 l/qm (vgl.
Graphik 1). Zusammen mit der Schneeschmelze bis in die Hochlagen der
Berge kamen Abflussmengen von 100 bis 200 l/qm zusammen und ließen
vielerorts Bäche und Flüsse gefährlich ansteigen. Auf der anderen
Seite verzauberte der Schnee die Regionen von der Nordsee bis nach
Südbrandenburg und Ostsachsen in ein weißes Winterwunderland.
Schlittenfahren auf den Nordseeinseln ist ja nicht so häufig möglich.


Am heutigen Samstag kann sich nun das Hoch FERDINANDEA nördlich von
Schottland einnisten und bildet somit den Südteil einer
Hochdruckzone, die sich von Grönland über Island südwärts erstreckt.
Weiter östlich über Nordosteuropa wirbelt gleichzeitig das Tief
MALTE. Zwischen FERDINANDEA und MALTE wird Polarluft südwärts bis
nach Deutschland geführt. Dort trifft diese weiter auf die milde
subtropische Luft, welche nun die Tiefs Peter I und II zwischen
England und Frankreich bzw. Ostfrankreich auf der Vorderseite über
die Alpen hinweg ins Land schaufeln (vgl. Graphik 2). Im Duell der
Luftmassen kann am heutigen Samstag die kalte Luft noch etwas Raum
nach Süden gewinnen, wobei die Regionen vom Oberrhein bis zum
Alpenrand wohl weitgehend auf der warmen Seite verbleiben. Somit
fällt im Süden auch noch überwiegend Regen, sodass dort das Tauwetter
bis teils in höhere Lagen anhält. In der Mitte, auf der Nordseite der
Luftmassengrenze, gehen die Niederschläge dagegen bis in tiefe Lagen
wieder in Schnee über. Größere Schneemengen sind aber nicht zu
erwarten. Den Norden hat die Polarluft komplett für sich eingenommen.
Über Schnee sind die Temperaturen stark abgesunken und zeigten am
Morgen teils Werte zwischen -5 und -10 Grad. Gegenüber den anderen
Regionen scheint im Küstenumfeld zudem vielerorts die Wintersonne.

Auch die nächsten Tage stehen voll im Zeichen der Luftmassengrenze.
Von Grönland bis nach Skandinavien etabliert sich der hohe Luftdruck
und über Osteuropa bleibt als Gegenpart tiefer Luftdruck Trumpf.
Somit kann auch in den kommenden Tagen kalte Polarluft über
Skandinavien und die Ostsee hinweg Richtung Mitteleuropa strömen. Da
aber gleichzeitig über dem Atlantik ein kräftiges Tief wiederholt
Ableger mit milder subtropischer Luft nach West- und Nordwesteuropa
schickt, bleibt Deutschland demnach das Spielfeld der Luftmassen.
Nach derzeitigen Berechnungen soll sich die Luftmassengrenze wieder
zunehmend in die nördliche Mitte des Landes verschieben. In der
gesamten Südhälfte würde dann bis in höhere Lagen wieder Regen
dominieren. In einem Streifen über die nördliche Mitte hinweg wären
dagegen Schnee, Schneeregen oder auch gefrierender Regen auf der
Agenda. Außen vor bleibt der Norden und Nordosten, wo abgesehen von
einzelnen Schneeschauern an der See bei frostigen Temperaturen auch
häufiger die Sonne scheinen kann.

Insgesamt bleibt im Süden und der Mitte Deutschlands über die
Wochenmitte hinweg somit der unbeständige, niederschlagsreiche
Wettercharakter bestehen. Da die Schneedecke bis in höhere Lagen der
Mittelgebirge weitgehend ab-, in den Alpen zumindest
zusammengeschmolzen ist, rückt nun eher der Dauerregen statt dem
Tauwetter in den Fokus. Von Sonntag bis einschließlich Mittwoch
sollen im Süden und Westen des Landes erneut verbreitet 20 bis 40
l/qm, vom Saarland bis zum Hochrhein und dem Allgäu auch bis 60 l/qm
fallen. In Weststaulagen sind auch etwas höhere Summen möglich. Die
Wasserstände an den Flüssen bleiben demnach auf hohem Niveau.

Dipl.-Met. Lars Kirchhübel
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 30.01.2021

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