Thema des Tages

05-02-2021 11:50

Die Methoden der Schneehöhenmessung und ihre Probleme

Der Winter hat zumindest die Nordhälfte des Landes weiter fest im
Griff und packt am Wochenende sogar noch eine ordentliche Schippe
Neuschnee drauf. Wie aber werden Schneehöhen offiziell gemessen und
welche Probleme ergeben sich dabei?

Eine über Deutschland liegende Luftmassengrenze verschärft sich am
Wochenende. Dabei lenkt Tief Tristan, der es sich bei unseren
Nachbarn in den Benelux Ländern bequem macht, sehr milde Luft
nordwärts. Gleichzeitig strömt sehr kalte Polarluft aus Skandinavien
südwärts. Dort wo sich diese Luftmassen treffen kommen intensive
Niederschläge auf, die auf der kalten Seite in Schnee übergehen. Etwa
vom Nordwesten bis in den Osten stehen markante bis unwetterartige
Schneemengen auf dem Programm (Details zur Wetter- und Warnlage
finden Sie unter: www.dwd.de), wobei zusätzlich noch erhebliche
Verwehungen zu erwarten sind.

Gute Voraussetzungen also, um im heutigen Thema des Tages mal auf die
Methoden der Schneemessung zu blicken. Ganz klar braucht es zunächst
erstmal Niederschläge, die in fester Form den Erdboden erreichen und
sich bei negativen Lufttemperaturen und schneller noch bei
gleichzeitig negativen Erdbodentemperaturen ablagern. Diese
Ablagerung wird als Schneedecke bezeichnet. Bei kräftigen Schauern
kann sich auch eine Decke aus Graupel oder Hagel ausbilden. Von einer
Schneedecke spricht man ab einem Bedeckungsgrad des Bodens von
mindestens 50 Prozent. Sobald der Schnee liegt, kommt oft das
Rätselraten. Wieviel liegt eigentlich genau? Vergleicht man die im
heimischen Garten selbst gemachten Messungen mit der gemeldeten
Schneehöhe der Wetterstation um die Ecke, so muss man immer wieder
feststellen, dass die Werte nicht übereinstimmen.

Die ursprüngliche Methode der Schneehöhenmessung an personell
besetzten Wetterstationen sieht so aus, dass die Beobachterin oder
der Beobachter die Messung der Schneehöhe mit einem Schneepegel
vornimmt, einem Metallstab mit Markierungen in Zentimeterabständen.
Der Schneepegel wird lotrecht bis zur Berührung des Schneebrettes,
eines Holzbrettes an der Erdoberfläche, oder an mehreren Stellen des
Stationsgeländes und in der Umgebung durch die Schneedecke gestoßen
und die Höhe in ganzen Zentimetern an der Skala abgelesen. Die
Schneedeckenhöhe ist dann das Mittel aus allen Messungen. Diese
Mittelung bei der Messung versucht den Effekt von Schneeverwehungen
zu berücksichtigen. Die Messung der Neuschneedeckenhöhe, kurz
Neuschneehöhe, erfolgt zum Morgentermin (06 UTC) auf einem zum
Vortermin auf die Erd- oder vorhandene Schneeoberfläche ausgelegten
Schneebrett (dem bereits erwähnten Holzbrett). Der Neuschneezuwachs
auf diesem Schneebrett entspricht der Neuschneehöhe. Anschließend
wird der Schnee vom Brett entfernt und auf die vorhandene Decke
erneut ausgelegt. Problematisch an den Schneebrettern kann die glatte
Oberfläche sein, wodurch der Schnee unter Umständen durch mangelnde
Haftung vom Wind verfrachtet werden kann.

In Zeiten von weiter zunehmender Automatisierung ist die oben
beschriebene händische Methode eher ein Auslaufmodell. Für eine
automatische Schneehöhenbestimmung kommt beispielsweise häufig ein
Ultraschallsensor zum Einsatz. Der Sensor wird in einer geeigneten
Höhe senkrecht zur Erdoberfläche angebracht und sendet ein periodisch
wiederkehrendes Ultraschallsignal aus. Die Verzögerungszeit zwischen
gesendetem und empfangenen Signal ist proportional zur Schneehöhe. Je
schneller das von der Schneeoberfläche reflektierte Schallsignal
empfangen wird, desto kürzer ist der Weg zwischen Sensor und Schnee
und umso mächtiger ist die Schneedecke. Um Fehlmessungen z.B. durch
wachsendes Gras zu vermeiden wird ein Standard-Schneebrett auf die
Messfläche gelegt. Das Messverfahren bringt allerdings auch Probleme
mit sich. So handelt es sich einerseits um eine Punktmessung und
somit werden Schneeverwehungen nicht berücksichtigt. Andererseits ist
die Schallgeschwindigkeit von der Lufttemperatur abhängig, wodurch
der Abstandsmessung eine Temperaturkompensation folgen muss. Ohne
eine solche Temperaturkompensation gelten die Distanzwerte meist nur
für eine Temperatur von 0 °C. Die Genauigkeit der
Ultraschallschneehöhensensoren liegt etwa bei +/-1 cm.

Ein weiteres Messverfahren zur Bestimmung von Schneehöhen basiert auf
der Laserentfernungsmessung. Vergleichbar ist dieses Verfahren mit
den Laserpistolen bei den Geschwindigkeitsmessungen der Polizei. Bei
der Laufzeitmessung mit einem Lasersensor wird ein kurzer Lichtpuls
ausgesandt, der an der Schneeoberfläche reflektiert wird und das
rücklaufende Signal wieder erfasst wird. Über die gemessene Laufzeit
kann dann sehr genau die Schneehöhe erfasst werden. Ein Vorteil
gegenüber Ultraschallsensoren ist die Temperaturunabhängigkeit.
Trotzdem sorgen auch bei diesem Messaufbau Schneeverwehungen an oder
in der Nähe der Messstelle für Ungenauigkeiten bei der Bestimmung der
tatsächlich gefallenen Schneemenge.

Trotz der technischen Messverfahren bleibt die automatische
Schneehöhenbestimmung grade bei zusätzlichen Einflüssen wie Wind mit
Unschärfen behaftet. So können auch in Zukunft die eigenen
Beobachtungen aus dem Garten von den offiziellen Werten abweichen.
Schon am Sonntag könnte diese Erkenntnis bei starken Schneefällen und
Schneeverwehungen in Teilen des Landes zum Tragen kommen.


M.Sc. Sebastian Altnau
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 05.02.2021

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