Thema des Tages

10-02-2021 08:50

Von Lichtsäulen und Diamantenstaub

In extrem kalten Nächten sorgt Diamantenstaub, eine besondere Form
des Niederschlags, für eine sehenswerte optische Erscheinung:
Lichtsäulen oder "Light Pillars".

Deutschland gleicht zurzeit einem Gefrierschrank. Heute früh wurden
über der tief verschneiten Landschaft über der Mitte und dem Osten
relativ verbreitet Tiefsttemperaturen von unter -20 Grad Celsius
registriert. Der Kälte-Hotspot, sozusagen der "Coldspot", war
Mühlhausen in Thüringen mit -26,7 Grad Celsius. Mit Blick auf die
nächste Heizkostenabrechnung mag es dabei einigen vielleicht die
Tränen in die Augen treiben. Aber die bitterkalten Nächte bieten
mancherorts auch die Chance auf meteorologische und optische
Erscheinungen, die für unsere Breiten Seltenheitswert haben. Die Rede
ist vom sog. "Diamantenstaub" und den damit in Verbindung stehenden
Lichtsäulen, die wie bunte Jedi-Lichtschwerter aus Star Wars die
kalten Nächte unwirklich illuminieren (siehe Abbildung 1 auf
https://www.dwd.de/DE/wetter/thema_des_tages/2021/2/10.html).

Diamantenstaub ist eine Form des Niederschlags und wird gerne auch
als "Polarschnee" bezeichnet, weil dieser eigentlich für die extrem
kalten polaren Regionen charakteristisch ist. Das Besondere dabei:
Der Niederschlag tritt häufig bei gering bewölktem oder gar
wolkenlosem Himmel auf. Es handelt sich um winzige Eiskristalle, die
sich in feuchter, nahezu gesättigter Luft durch Resublimation des in
der Luft enthaltenen Wasserdampfes (direkter Übergang vom gasförmigen
in den festen Aggregatzustand) in bodennahen Luftschichten der
Atmosphäre niederschlagen. Da Wasser in der Atmosphäre bis zu
Temperaturen von etwa -10 Grad Celsius im flüssigen Zustand vorkommt
und bei wasserdampf-gesättigter Luft demnach eher zu Nebel
kondensiert als zu Eiskristallen resublimiert, benötigt es
entsprechend niedrigere Temperaturen von (deutlich) unter -10 Grad
Celsius. Je reiner die Luft, also je weniger kleine Staub- bzw.
Schmutzpartikel in der Luft als "Eiskeime" zu Verfügung stehen, desto
kälter muss es sein. Die Bezeichnung "Diamantenstaub" rührt von dem
Umstand her, dass die Eiskristalle die Luft vor allem tagsüber bei
Sonnenschein zum "Funkeln" bringen.

In der Nacht führt der Polarschnee zu einer ganz anderen optischen
Erscheinung, den Lichtsäulen oder "Light Pillars". Es sind scheinbare
Lichtstrahlen, die sich ausgehend von hellen, punktförmigen
Lichtquellen am Boden (z. B. einer Straßenlaterne) senkrecht bis weit
in den Himmel erstrecken können. Tatsächlich handelt sich dabei aber
nicht um einen Lichtstrahl, sondern um eine optische Illusion durch
kollektives Reflektieren des Lichtes an den kleinen Eiskristallen.
Diese wirken durch ihre "Plättchenform" und relativ glatten
Oberflächen nämlich wie viele kleine Spiegel in der Luft. Die
Illusion des Lichtstrahles ergibt sich schließlich durch die
gleichzeitige Reflektion der Lichtquelle an Eiskristallen aus
unterschiedlichen Höhen (siehe Abbildung 2 auf
https://www.dwd.de/DE/wetter/thema_des_tages/2021/2/10.html).

Die Bedingungen für Lichtsäulen sind regional auch in den kommenden
Nächten günstig: Starke Auskühlung der bodennahen, noch recht
feuchten Luft in klaren Nächten, insbesondere über Schnee! Es lohnt
also vor allem in den Frühstunden vor Sonnenaufgang ein Blick in den
Himmel.

Dipl.-Met. Adrian Leyser
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 10.02.2021

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