Thema des Tages

13-02-2021 09:20

Februar auf Kurs "Kaltmonat"?

Steht uns durch die Kältewelle seit längerem wieder ein "zu kalter"
Monat bevor?

Die Kälte hat Deutschland fest im Griff. Tagelang leichter bis
mäßiger Dauerfrost und teilweise sehr strenge Nachtfröste - das
hatten wir länger nicht und erweckt zunehmend den Eindruck, der
diesjährige Februar könnte tatsächlich mal wieder ein "zu kalter"
Monat werden.

Nun, da der subjektive, im Zuge der Klimaerwärmung möglicherweise
verzerrte Eindruck durchaus täuschen kann, soll an dieser Stelle auf
die "nackten Zahlen" geschaut werden.

Um festzulegen, ob ein Monat meteorologisch gesehen "zu kalt",
"normal" oder "zu warm" ausgefallen ist, vergleicht man zwischen den
aktuell gemessenen und den über viele Jahre gemittelten Temperaturen,
der sog. "Referenz". Gängig und von der
Welt-Meteorologie-Organisation (WMO) empfohlen sind dabei
(mindestens) 30-jährige "Klimareferenzperioden". Der lange
Mittelungszeitraum ist notwendig, um für diesen Zeitraum oder die
Klimaperiode charakteristische Werte zu erhalten und nicht ein Abbild
der kurzlebigen, für die Witterungsperiode typischen
Temperaturschwankungen. Die fortwährende, ungebremste Klimaerwärmung
dagegen spiegelt sich sehr wohl in den Referenzperioden wider und
sorgt dafür, dass sich die Temperaturmittelwerte unterschiedlicher
Referenzperioden für die einzelnen Monate deutlich unterscheiden. Je
jünger die Referenz, desto höher liegen die Mitteltemperaturen. Dem
subjektiven Eindruck am nächsten kommt sicherlich noch die aktuelle
Referenzperiode 1991-2020. Dennoch soll auch ein Vergleich mit der
bekanntesten, bis zum letzten Jahr noch gültigen Referenzperiode
1961-1990 durchgeführt werden.

Ein Blick auf die über die einzelnen Bundesländer gemittelten
Temperaturen vom 1. bis zum 12. Februar 2021 verdeutlicht, warum sich
eine Mittelwertbildung über ganz Deutschland zurzeit eigentlich
verbietet (Abbildung 1 auf
https://www.dwd.de/DE/wetter/thema_des_tages/2021/2/13.html). Es
zeigt sich nämlich ein recht starkes Südwest-Nordost-Gefälle - eine
Folge der vergangenen andauernden Grenzwetterlage mit bereits kaltem
Norden und Nordosten und noch sehr mildem Süden und Südwesten.
Bezüglich 1961-1990 ist der Februar in den Bundesländern im Norden,
Osten und in der Mitte bis dato 3 bis 4 Grad, bezüglich 1991-2020
teilweise sogar über 5 Grad zu kalt! Weiter im Süden und Südwesten
dagegen, also vor allem im Saarland, in Baden-Württemberg und in
Bayern, verläuft der Februar bisher im Mittel (!) relativ "normal".
Die negativen Abweichungen hinsichtlich 1991-2020 sind nur marginal,
im Hinblick auf 1961-1991 müsste man dem Monat bis hierher für Bayern
und Baden-Württemberg sogar noch den Stempel "leicht zu warm"
aufdrücken. Im (wenig aussagekräftigen) Deutschlandmittel ergibt sich
ein Minus von 2,1 Grad (1961-1990) bzw. ein Minus von 3,2 Grad
(1991-2020).

Die Grundlage für einen zu kalten Monat ist sowohl bezüglich der
Referenzperiode 1961-1990 als auch 1991-2020 geschaffen. Doch wie
geht es weiter?

Tendenziell deutet sich in der kommenden Woche von Westen her eine
Milderung an. Zum einen ist aber völlig unklar, wie effektiv und
schnell sich die mildere Luft nach Osten zu durchsetzen kann, zum
anderen sind bei der vorherrschenden Großwetterlage erneute
Kaltluftvorstöße durchaus im Bereich des Möglichen. Das betrifft
besonders die Nordosthälfte Deutschlands.

Abbildung 2 zeigt die gemessenen, täglichen Temperaturabweichungen
für Deutschland bezüglich 1991-2020 und wie sie von den einzelnen
Modellen bis Monatsende berechnet werden (blau: ICON-EU, violett:
GFS, rot: GFS-Ensemblemittel). Sehr eindrücklich ist das Auf- und Ab
der Abweichungen zwischen 01. und 10. Februar. Das tiefe, breite Tal
ab dem 06. Februar, hervorgerufen durch den sich nach Süden
durchsetzenden Kaltlufteinbruch, ist verantwortlich dafür, dass der
Monat unter dem Strich zurzeit zu kalt ausfällt. Den Abweichungen
nach zu urteilen, war es in Deutschland zuletzt 8 bis 10 Grad kälter
als im vieljährigen Mittel. Die Talsohle scheint nun aber erreicht,
denn alle Modelle rechnen mit einem deutlichen Rückgang der negativen
Abweichungen. Ab 16. Februar soll modellübergreifend sogar die
"Nulllinie" überschritten werden und fortan positive
Temperaturabweichungen zwischen 1 und 7 Grad vorherrschen.
Dementsprechend ist anhand der fortlaufenden Temperaturabweichung
(Abbildung 3) ersichtlich, dass die negativen Abweichungen im
weiteren Monatsverlauf sukzessive aufgezehrt werden sollen. Nach
aktuellem Modellstand ist die Milderung aber nicht stark und
durchgreifend genug, sodass zumindest geringfügige negative
Temperaturabweichungen bis etwa 1 Grad bezogen auf 1991-2020
übrigblieben. Im Hinblick auf 1961-1990 würde es dagegen schon
richtig knapp werden, nach dem aktuellen GFS-Ensemble schlügen zum
Ende sogar leicht positive Abweichungen zu Buche.


Bleibt zu konstatieren, dass ein "zu kalter" Monat trotz der
außergewöhnlichen Kältewelle alles andere als sicher ist. Während die
Chancen auf Basis der Referenz 1991-2020 aber durchaus nicht schlecht
stehen, verschlechterte sich die Perspektive auf den auf Basis der
Referenz 1961-1990 ersten zu kalten Monat seit Mai 2019 nach den
letzten Modellsimulationen deutlich.

Dipl.-Met. Adrian Leyser
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 13.02.2021

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