Thema des Tages

15-02-2021 11:20

Satellitenmeteorologie (Teil 2) - Bunte Bilder für die Wetteranalyse

Heute zeigen wir, wie man mit einer geschickten Technik farbige
Satellitenbilder erzeugen kann, die den Meteorologen zahlreiche
Anwendungsmöglichkeiten bieten.

Wettersatelliten sind in der heutigen modernen Meteorologie nicht
mehr wegzudenken. Mit ihrem Blick aus dem Weltall auf unsere Erde
leisten sie unter anderem unschätzbare Dienste bei der Wetteranalyse.
Im ersten Teil dieser Reihe (Thema des Tages vom 27. Januar 2021,
siehe Link) haben wir die Funktionsweise des Radiometers erklärt, das
Herzstück eines jeden Wettersatelliten. Es blickt mit 12 "Augen", den
sogenannten Kanälen, auf unsere Erde, wobei jeder dieser Kanäle einen
gewissen Spektralbereich der von der Erde abgegebenen Strahlung
"sieht". Drei der Kanäle empfangen Strahlung im solaren (sichtbaren)
und acht im infraroten (thermischen) Bereich. Der 12. Kanal (HRV),
das Adlerauge unter den Kanälen, besitzt eine besonders hohe
Auflösung. Zur grafischen Interpretation der empfangenen
Strahlungsintensitäten werden diese in ein Schwarz-Weiß-Bild
konvertiert. Jeder Kanal sieht für sich betrachtet zwar weniger als
unser Auge, in der Kombination aller Kanäle erfasst ein Radiometer
aber weitaus mehr Informationen von der Erde als der sehende Mensch.

Jeder Kanal liefert den Meteorologen ganz individuelle Informationen.
Jedoch stoßen die Kanäle auch an ihre Grenzen und manchmal ist eine
eindeutige Interpretation der Bilder schwierig. Die Kanäle im
sichtbaren Bereich sind nur tagsüber hilfreich, da die Erde nachts
keine kurzwellige Sonnenstrahlung reflektiert. Auch kann man manchmal
schwer zwischen Wolkenfeldern und Schneeflächen unterscheiden, da
beide weiß erscheinen, also ähnliche Reflexionseigenschaften
besitzen. Die Zuordnung der erfassten Strahlungstemperaturen der
infraroten Kanäle ist auch nicht immer eindeutig. So können niedrige
Temperaturen entweder von Wolken in höheren Atmosphärenschichten oder
von einer stark ausgekühlten Erdoberfläche emittiert werden.

Um eindeutige Interpretationen der Satellitenbilder zu bekommen,
müssen Informationen verschiedener Kanäle kombiniert werden. Eine
besonders komfortable Möglichkeit bietet die sogenannte
"RGB-Bildauswertetechnik". Dabei werden die Signale von drei
verschiedenen Kanälen mit den Farben Rot (R), Grün (G) und Blau (B)
eingefärbt. Fügt man die eingefärbten Bilder zu einem mehrfarbigen
Bild zusammen, erhält man bunte Bilder - die sogenannten
"RGB-Komposits". Die hierbei entstandenen Mischfarben können nun vom
Meteorologen interpretiert werden. Bei der Zusammenstellung eines
RGB-Komposits kann man übrigens sowohl die reflektierte Darstellung
(hohe Werte der reflektierten Strahlung entsprechen hellen Pixeln)
als auch die invertierte Darstellung (geringe Werte emittierter
Strahlung entsprechen hellen Pixeln) miteinander mischen.

Einige RGB-Komposits haben sich besonders bewährt, von denen wir hier
zwei näher erläutern. Die obere Abbildung zeigt das Komposit
"Luftmasse". Hierbei handelt es sich um vielmehr als nur ein
farbenprächtiges Kunstwerk. Neben den weißlich erscheinenden
Wolkenbändern geben uns die unterschiedlichen Farben Auskunft über
die Herkunft und die Eigenschaften verschiedener Luftmassen. Mit
grünen Farben können warme Luftmassen mit einer hohen Tropopause
(Oberrand der Troposphäre), also tropische oder subtropische
Luftmassen detektiert werden. Polare oder arktische Kaltluft mit
einer niedrigen Troposphäre erscheint hingegen bläulich. Sinkt
trockene Stratosphärenluft in die Troposphäre (untere Atmosphäre) ab,
erkennt man dies anhand von rötlichen Farben, oft in Form rötlicher
Schlieren. Im dargestellten Beispiel befindet sich über dem
Nordatlantik ein kräftiges Tiefdruckgebiet mit seinen
charakteristischen Wolkenbändern. Die grünen Farben über Nordafrika,
Spanien und der Biskaya (I) zeigen den mit subtropischer Warmluft
angereicherten Warmsektor des Tiefs zwischen der Warmfront
(Wolkenband über England und Frankreich) und der Kaltfront
(Wolkenband über dem Atlantik). Nordwestlich davon sowie über dem
Nordpolarmeer befindet sich polare Kaltluft (II), zu sehen an den
blauen Farben. An den rötlichen Schlieren (IIIa) erkennt man, dass
sich trockene Stratosphärenluft in das Tief einkringelt, welche zu
einer Verstärkung des Tiefs beiträgt. Ebenso war trockene
Stratosphärenluft (IIIb) dafür verantwortlich, dass sich über dem
Norden Deutschlands Gewitter (Kreuze) gebildet haben.

Für uns Warnmeteorologen ist das Satellitenkomposit "Nacht" (untere
Abbildung) eine große Hilfe. Es liefert uns eine Fülle von
Informationen über Wolken in unterschiedlichen Höhen und zur
Beschaffenheit der Erdoberfläche. Neben den Sichtweitenmessungen der
Wetterstationen zeigen uns rötliche Farben Regionen mit Nebel- und
Hochnebelfeldern (also sehr tiefliegende Wolken) und helfen uns
dabei, auch nachts so gut wie möglich vor dichtem Nebel zu warnen.
Höhere kompakte Wolkenfelder erscheinen hingegen weißlich, während
dünne Eiswolken (Cirren) zyan-farben aussehen. Zudem kann man sogar
erkennen, wo Schnee liegt oder nicht, da Schneeflächen heller
erscheinen als schneefreie Landoberflächen.

Neben diesen beiden RGB-Komposits gibt es noch eine Reihe weiterer
bunter Satellitenbilder für unterschiedlichste
Anwendungsmöglichkeiten, die an dieser Stelle aber nicht näher
erläutert werden. Zu nennen sind beispielsweise das
"Echtfarben"-Komposit, das den Farben sehr nahekommt, die das
menschliche Auge sehen würde. Das "Konvektion"-Komposit macht sich
die unterschiedlichen Reflexionseigenschaften großer und kleiner
Hydrometeore zu Hilfe, womit man das Entwicklungsstadium von
Gewitterwolken abschätzen kann. Wieder andere Komposits unterstützen
uns bei der Detektion von Sandstürmen, Nebel oder Schnee. Aktuelle
Satellitenbilder mit kurzen Erklärungen zu deren Interpretation
erhalten Sie auf der Homepage der EUMETSAT
(https://eumetview.eumetsat.int/static-images/MSG/RGB).

Im dritten Teil wird demnächst der Unterschied zwischen
geostationären und polarumlaufenden Satelliten erklärt.


Dr. rer. nat. Markus Übel (Meteorologe)
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 15.02.2021

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