Thema des Tages

30-03-2021 08:50

"Red hot lava meets white cold snow" - Vulkanausbruch auf Island

Vor einigen Tagen ist auf Island ein kleiner Vulkan ausgebrochen. Er
zieht selbst die Isländer in seinen Bann und sorgt im Zusammenspiel
mit einer weiß verschneiten Landschaft für tolle Impressionen.

Am Abend des 19. März, um 20:45 UTC, war es soweit - auf der
isländischen Halbinsel Reykjanes tat sich die die Erde auf und aus
einer Spalte gelangt seither glühende Lava an die Erdoberfläche. Der
Ausbruch kam keineswegs überraschend. Schon einige Wochen zuvor gab
es eine rege Erdbebenaktivität mit täglich Hunderten von kleinen und
einzelnen mittleren Beben, die auf einen baldigen Vulkanausbruch
hindeuteten. Heiße Magma sammelte sich unterhalb der Erdkruste und
der Druck stieg kontinuierlich an, bis letztendlich die Erdkruste
aufbrach. Schnell bildete sich im Tal Geldingadalur, ca. 30 Kilometer
südwestlich der Hauptstadt Reykjavik, ein kleiner Krater, aus dem
seither kleine Lavafontänen in die Höhe speien und Lavaströme fließen
ins Tal aus. Der Krater hat mittlerweile auch einen eigenen Namen:
Fagradalsfjalli, also der "kleine Bruder" des nahegelegenen
Vulkansbergs Fagradalsfjall.

Er zieht (nicht nur) die Isländer in seinen Bann. Insbesondere die
Nähe zu Reykjavik, in der etwa ein Drittel der isländischen
Bevölkerung wohnt, macht ihn zum Besuchermagnet. Viele Isländer
wanderten schon zum Vulkan und bestaunten das beeindruckende
Naturspektakel. Die kleinen Fontänen des speienden Kraters sind
ebenso beeindruckend wie die glühenden Lavaströme, die zähflüssig wie
Honig das Tal mehr und mehr füllen, bis die Lava schließlich zu
schwarzem Lavagestein erstarrt. Einige Zuschauer übernachten sogar
vor Ort, um die glühenden Lavaströme und die Fontänen in der
Dunkelheit zu erleben, wenn sie für eine besonders eindrucksvolle
Stimmung sorgen.

Wem diese Wanderung zu waghalsig erscheint oder wer ohnehin nicht die
Gelegenheit bekommt, den Vulkan vor Ort zu betrachten, der muss auf
dieses Naturschauspiel nicht verzichten. Dank einer dort
aufgestellten Webcam kann jeder von zuhause aus live die Faszination
des Vulkanismus erleben. Den Link zur Live-Webcam finden Sie am Ende
des Artikels. Doch nicht nur für Vulkanologen ist die Webcam zu
empfehlen. Auch Meteorologinnen und Meteorologen kommen voll auf ihre
Kosten und können das wandelhafte und raue isländische Wetter live
verfolgen. An einem Tag gibt es Sonnenschein und heftige Schneestürme
fast im Minutenwechsel, am nächsten Tag spuckt der Vulkan Lava in
einer kargen Landschaft. Aktuell ist die Landschaft rund um den
Vulkan weiß verschneit. Weiße Hügel, schwarze Lava und rot glühende
Lavafontänen in Kombination sind ein wahrer Augenschmaus.

Anders als in anderen europäischen Ländern ist das "Veðurstofa
Íslands" (Icelandic Met Office), der Isländische Wetterdienst, nicht
nur für alles rund um die Physik der Atmosphäre, sondern auch für die
Physik der festen Erde zuständig. Neben Experten für Wetter und Klima
beschäftigt die Behörde also auch Experten für Seismik und
Vulkanismus. Sie hatten bereits vor Ausbruch des Vulkans die
Halbinsel Reykjanes im Fokus und entwickelten Szenarien für
zukünftige seismische und vulkanische Vorgänge in dieser Region. Auch
aktuell wird rege die neue vulkanisch aktive Zone beforscht, von
Messungen vor Ort über Satelliten bis hin zu Modelldaten.

Wie es mit der vulkanischen Aktivität weitergeht, ist allerdings noch
unklar. Es besteht den Experten zufolge die Möglichkeit, dass die
Eruption in den kommenden Tagen oder Wochen stückweise nachlässt.
Möglich ist aber auch, dass sich neue vulkanische Spalten in der Nähe
des Vulkans oder entlang der Ränder der unterirdischen Lavakammer
nahe des Fagradalsfjalls öffnen. Die Wahrscheinlichkeit für größere
Erdbeben hat aufgrund der andauernden vulkanischen Aktivität im
Bereich der aktiven Zone allerdings abgenommen. Dennoch könnte ein
Erdbeben bis zur Magnitude 6.5 in einem weiteren vulkanischen System
weiter östlich des aktuellen Vulkans getriggert werden (weitere
Informationen hierzu erhalten Sie auf der Homepage des Isländischen
Wetterdienstes, siehe angefügter Link).

Das "Veðurstofa Íslands" misst zudem die Konzentration von Gasen wie
SO2 (Schwefeldioxid), SO4 oder CO2, berechnet mit
Ausbreitungsmodellen die Verfrachtung dieser Gase und warnt die
Bevölkerung vor Gefahren des Vulkans. Anders als beim gewaltigen
Ausbruch des Eyjafjallajökull aus dem Jahre 2010, der Asche bis in
die obere Atmosphäre katapultierte und den europäischen Flugverkehr
tagelang lahmlegte, sind die Auswirkungen auf die Bevölkerung beim
aktuellen Vulkanausbruch gering. Dennoch wird stets beobachtet, ob
die Gas-Konzentration in besiedelten Gebieten oder zumindest im Tal
Geldingadalur, in dem sich die Lava ausbreitet, gefährliche Werte
annimmt. Zu guter Letzt warnt der Wetterdienst auch vor Gefahren für
die Schaulustigen. So können beispielsweise jederzeit und ohne
Vorankündigung neue Spalten aufbrechen, glühende Lavabrocken können
sich von den Lavafronten lösen oder es kann zu Explosionen kommen,
wenn Lava auf nassen Untergrund trifft. Im Zweifel ist es also
ungefährlicher und bequemer, so wie der Autor des heutigen Artikels,
das Vulkanspektakel live am Bildschirm zu verfolgen.


Dr. rer. nat. Markus Übel (Meteorologe)
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 30.03.2021

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