Thema des Tages

05-04-2021 10:50

Wetterumschwung, Erstfrühling und Tageslänge


Typisches Aprilwetter mit spätwinterlichen Zügen steht
wettertechnisch in den kommenden Tagen auf dem Programm. Die
Pflanzenwelt hat aber "erkannt", dass der Frühling nicht aufzuhalten
ist. Phänologisch befinden wir uns im Erstfrühling. Neben den
Temperaturen ist hier auch die Tageslänge entscheidend - und da tut
sich im April definitiv einiges.

Das Wetter stellt sich am heutigen Ostermontag um und kippt noch mal
mehr in Richtung Spätwinter. Eine Kaltfront überquert Deutschland im
Tagesverlauf von Nord nach Süd und führt eine sehr kalte, arktische
Polarluft ins Land. Daher gehen die Niederschläge von Norden her
zunehmend in Schnee über und auch nach Frontdurchgang treten immer
wieder Schnee-, Schneeregen- oder auch Graupelschauer sowie lokale
Gewitter auf. Das Wetter ganz im Süden zeigt sich zwar zunächst noch
von einer freundlicheren Seite, aber auch dort nimmt die Bewölkung
allmählich zu und die Front erreicht am Abend die Alpen. Dort fällt
dann bis in die Täler und bis in die Morgenstunden des morgigen
Dienstags Schnee. Und das "winterlich" geprägte Aprilwetter mit
verbreiteten Schauern in Begleitung der festen Phase und kurzen
Gewittern hält bis in die Wochenmitte an.
Dennoch lässt sich beim Blick in die Natur nicht leugnen, dass sich
der Frühling mittlerweile eingestellt hat. Phänologisch betrachtet,
befinden wir uns im sogenannten Erstfrühling. In der Phänologie
werden die Jahreszeiten mit Hilfe der Wachstumsphasen ausgewählter
Pflanzenarten bestimmt. Im Gegensatz zur kalendarischen Definition,
bei der der Sonnenstand den Beginn der einzelnen Jahreszeiten
bestimmt und damit wenig Variabilität aufweist, hängen die
phänologischen Jahreszeiten von den Entwicklungsstadien der
Pflanzenwelt ab: Blühbeginn, Beginn der Blattentfaltung, Reifegrad
der Früchte und schließlich im Herbst von Laubverfärbung und
Laubfall. Mit Hilfe dieser sogenannten Leitphasen unterschiedlicher
Pflanzenarten werden Frühling, Sommer und Herbst jeweils in 3 Phasen
unterteilt. Ein deutschlandweites Netzwerk ehrenamtlicher Beobachter
meldet, wann und wo bestimmte Wachstumsphasen auftreten.
Entsprechende Grafiken zur aktuellen Pflanzenentwicklung können auf
der Homepage des Deutschen Wetterdienstes im Bereich Fachnutzer und
Freizeitgärtner (siehe Grafik unten bzw. https://www.dwd.de/DE/fachnutzer/freizeitgaertner/2_pflanzenentwicklu
ng/_node.html) abgerufen werden. Hier zeigt sich gegenwärtig anhand
der Forsythienblüte, dass in weiten Teilen Deutschlands der
Erstfrühling Einzug gehalten hat. Die Leitphasen für den Beginn des
Erstfrühlings sind neben der Forsythienblüte auch die Blüte von
Traubenhyazinthen, Buschwindröschen und Himmelschlüssel, der Austrieb
von Rosskastanie, Eberesche und Hängebirke oder die Nadelentfaltung
der Europäischen Lärche. Im weiteren Verlauf des Erstfrühlings
Entfalten Rosskastanien, Schwarzerlen und Hängebirken ihre Blätter,
Schlehen und Spitzahorn stehen in Blüte ebenso wie Tulpen und
Narzissen.
Die Entwicklung der Pflanzenwelt ist dabei nicht allein von
meteorlogischen Einflussfaktoren wie der Temperatur abhängig, sondern
wird zum Beispiel auch vom Sonnenstand bzw. der Tageslänge
beeinflusst. Und in punkto Tageslänge tut sich im April einiges.
Unter www.dwd.de/tagesthema bzw. im Anhang befindet sich eine Tabelle
der Sonnenauf- und -untergangszeiten für Berlin und Frankfurt am Main
und die entsprechende Änderung der astronomisch möglichen Tageslänge,
auch im Vergleich zu den Folgemonaten. Hier zeigt sich, dass der
April den größten "Zuwachs" an Tageslicht zu verzeichnen hat. Je nach
geografischer Lage nimmt die Tageslänge im Verlauf des Aprils bis zu
knapp zwei Stunden zu, im Mai sind es "nur noch" durchschnittlich
etwa eineinhalb Stunden und im Juni nur noch ein paar Minuten bis zur
Sommersonnenwende. Ende Juni nimmt die Tageslänge bereits wieder ab.
Kein Wunder also, dass die Natur im Frühjahr förmlich zu explodieren
scheint und an jeder Ecke etwas sprießt und blüht.
Bleibt zu hoffen, dass die Natur insgesamt noch nicht so weit
entwickelt ist, dass der aktuelle Wetterumschwung und die verbreitet
zu erwartenden Nachtfröste Schäden an Kulturpflanzen verursachen.
Gebietsweise zeigen sich ja bereits "wilde" Obstgehölze wie Schlehen,
Wildpflaumen oder auch manche Wildkirschen in Blüte und auch erste
Meldungen der phänologischen Beobachter zur Blüte von Süßkirsche und
Apfel sind aus den westlichen oder südwestlichen Landesteilen bereits
eingegangen, vor allem entlang der Niederungen von Rhein, Ruhr,
Neckar oder Ems. Damit stehen wir phänologisch betrachtet an der
Schwelle zum sogenannten Vollfrühling (siehe auch "Phänologische Uhr"
im Anhang bzw. unter www.dwd.de/tagesthema) - auch wenn das
wettertechnisch wohl kaum jemand glauben möchte.


Dipl.-Met. Sabine Krüger
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 05.04.2021

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