Thema des Tages

14-04-2021 07:20

Frostiges Frühjahr

Im heutigen Tagesthema geht es um eine Zwischenbilanz des Aprils 2021
und die Halbzeitbilanz beim Frühjahr.

Oft täuscht das subjektive Empfinden über die Statistik hinweg. Doch
dieses Mal trügt das Gefühl eines bisher außerordentlich kalten April
nicht. Auch lassen sich seit dem Februarfrühling viele Frostnächte
finden. Daher wollen wir heute gemeinsam mal etwas näher auf die
Halbzeitbilanz des Frühjahres 2021 und speziell den bisherigen
Aprilverlauf schauen. Die Grafiken zu allen Statistiken sind zu
finden unter:
https://www.dwd.de/DE/wetter/thema_des_tages/2021/4/14_Bild.png

Blicken wir zunächst auf den zweiten Frühlingsmonat. Das vieljährige
Mittel (1991 bis 2020) für ganz Deutschland liegt im April bei 9°C
und damit 1.6 Grad höher als noch in der Referenzperiode von 1961 bis
1990. Der besagte Monat hat sich also mit Blick auf das 30-jährige
Mittel im Vergleich zu den anderen Monaten am stärksten erwärmt.
Siehe dazu auch das Thema des Tages vom 24.01.2021.
In diesem Jahr verläuft der April aber zumindest in Bezug auf die
Temperatur eher gegen den Trend. So liegt die derzeitige
Durchschnittstemperatur für Deutschland bei gerade einmal 5°C und
damit 4 Grad unter dem neuen vieljährigen Mittelwert von 1991 bis
2020. Zum Vergleich: Im Jahr 2020 lag die Durchschnittstemperatur bei
10.4 Grad und im Jahr 2018, dem bisher wärmsten April seit
Aufzeichnungsbeginn, bei 12.3 Grad. Im Rekordjahr 2018 wurde in der
dritten Dekade des Monats auch schon die 30 Grad Marke erreicht.
Damit ist der April 2021 derzeit über 7 Grad kälter als im Rekordjahr
2018. Und noch ein anderer Vergleich: Im Vormonat März lag die
deutschlandweite Durchschnittstemperatur bei 4.8°C. Bis jetzt ist der
April also vergleichbar warm, wie der durchschnittlich verlaufene
März 2021.
Auch wenn man mit einer hohen Wahrscheinlichkeit annehmen kann, dass
der diesjährige zweite Frühlingsmonat zu kalt ausfällt, fehlt aber in
der Bilanz noch ein halber Monat. Da wenig überraschend die zweite
Aprilhälfte in aller Regel im Jahresgang wärmer ausfällt, als die
erste Hälfte, muss abgewartet werden, wie groß die Zahl hinter dem
Minus am Ende sein wird. Zudem zeigt ein Vergleich mit den
Kälterekorden, dass es im April durchaus noch kälter sein kann. So
wurde im Jahr 1917 über den gesamten(!) Monat eine
Durchschnittstemperatur von gerade einmal 4.3 Grad gemessen.

Nun werfen wir nochmal einen Blick auf den bisherigen Verlauf des
Frühjahres 2021 mit seinen schon zahlreichen Auf und Abs. So wurde
beispielsweise nach einem kalten Start in den Frühling, am Ende des
Monats März ein neuer Wärmerekord aufgestellt (31.03.
Rheinau-Memprechtshofen mit 27.2 Grad). Was in diesem Jahr auffällt,
ist die recht hohe Anzahl an Frosttagen (also die Tage an denen die
Temperatur nachts unter den Gefrierpunkt gefallen ist).
Im Mittel über ganz Deutschland wurde bisher in 20 Frühjahrsnächten
Frost registriert. Die größte Anzahl ist bisher im Süden Deutschlands
zu verzeichnen, wo in tiefen Lagen zum Teil schön über 25 Frosttage
zusammenkommen. Die geringste Anzahl wurde bis heute im Nordwesten
beobachtet (z.B. in Köln: nur 4 frostige Nächte).
Schaut man sich die zurückliegenden Jahre an, so sieht man, dass in
der Regel deutlich weniger Frost in den Frühlingsnächten aufgetreten
ist. Dabei können insbesondere die Jahre 2019, 2017 und 2014
hervorgehoben werden.
Das letzte Jahr mit viel Nachfrost im Frühjahr war das Jahr 2013, das
kälteste Frühjahr seit 1987. An vielen Stationen stammt der
Rekordwert an Frühlingsfrosttagen aus eben diesem Jahr. Das gilt vor
allem für die mittleren Landesteile. Anders als in diesem Jahr wurde
der Großteil der Frühlingsfrosttage aber im Monat März gemessen
(Platz 6 der kältesten Märzmonate seit Aufzeichnungsbeginn). Weiter
Jahre mit einer großen Anzahl an Frosttagen im Frühjahr waren die
Jahre 1958, 1984 oder auch 1929.

Auch wenn in den nächsten Nächten sicherlich noch der ein oder andere
Frosttag zu erwarten ist, so werden die Rekordwerte an den
verschiedenen Stationen aller Voraussicht nach nicht erreicht.
Dennoch lässt sich festhalten, dass der Frühling 2021 in Bezug auf
die Anzahl der frostigen Nächte im Vergleich zu den Vorjahren
durchaus beachtlich ist.

Das es am Ende wohl nicht zu einem Spitzenplatz unter den
Frühlingsmonaten mit den meisten Frostnächten reicht liegt vor allem
an der sehr warmen Phase Ende März. diese brachte aber nicht nur die
Statistik durcheinander, sondern auch die Natur. Die warmen Tage Ende
des letzten Monats ließen die Natur nahezu explodieren, sodass viele
Obstbäume schon in Blüte stehen. Die vielen Frostnächte im April sind
damit Gift für viele Obstbauern. Mittlerweile belegen es auch schon
einige Studien die steigende Gefahr für den Obst- und Weinbau durch
Spätfröste. Die Quintessenz der Untersuchungen ist, dass durch den
Klimawandel die Blüte der Obstbäume immer früher beginnt und der
Obstbau dadurch trotz der Klimaerwärmung anfälliger für Spätfröste
ist. Allerdings muss auch betont werden, dass es in diesen Studien
noch unterschiedliche Aussagen, abhängig von der Region und der
Obstsorte gibt, sodass weitere und fortlaufende Untersuchungen
notwendig sind.

Für alle Wärmeliebhaber bleibt in der aktuell kalten Phase das
Wissen, dass mit jedem weiteren Tag die Länge der Nächte und damit
auch die Frostgefahr abnimmt. Wie schnell es manchmal gehen kann hat
ja gerade der Februar dieses Jahres eindrucksvoll gezeigt.

Dipl.-Met. Marcus Beyer
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 14.04.2021

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