Thema des Tages

16-05-2021 08:50

Zonale Bedingungen auf dem Atlantik

Das heutige Thema des Tages beschäftigt sich mit der aktuell
vorherrschenden zonalen Wetterkonstellation auf dem Atlantik.

Schon seit einigen Tagen bringt eine lebhafte westliche Strömung
recht kühle Luftmassen vom Atlantik nicht nur nach Deutschland,
sondern auch in weite Teile West- Mittel- und Südeuropas. Eine solche
Konstellation wird als "zonal" bezeichnet, ein Begriff, der auch hier
im Thema des Tages häufiger Verwendung findet. Aktuell zeigen sich
entsprechende Muster auf weiten Teilen des Nordatlantiks, wie der
beigefügten Grafik zu entnehmen ist
(https://www.dwd.de/DE/wetter/thema_des_tages/2021/5/16.html).

Im oberen Teil besagter Grafik ist der von West nach Ost wehende Jet
(Starkwindfeld) in ca. 9 km Höhe dargestellt. Dieses Band scheint
fast am 45ten Breitengrad (Nord) "festgetackert" zu sein. Nur sehr
schwache wellenförmige Muster lassen sich bei genauem Hinsehen
ausmachen. Das ist schon lehrbuchmäßige Zonalität. Dabei liegen die
Windgeschwindigkeiten teils über 140 km/h, erst über dem europäischen
Festland wird der Jet schwächer.

In der Bildmitte ist dagegen das Geopotenzial in etwa 5,5 km Höhe
abgebildet. Erläuterungen zum Geopotenzial finden Sie u.a. im Thema
des Tages vom 12.8.2020
(https://www.dwd.de/DE/wetter/thema_des_tages/2020/8/12.html). Die
Linien gleichen Geopotentials (Isohypsen) lassen sich in sehr guter
Näherung als Approximation für den zonalen Wind heranziehen, wobei
der Wind weitgehend parallel zu den Isohypsen weht (schwarze Pfeile).
In der vorherrschenden Wettersituation hat also auch der Wind in 5,5
km Höhe eine westliche Grundkomponente - allerdings regional mit
einem leichten südliche Einschlag.

Der untere Teil der Grafik zeigt dann den Wind in ca. 1,5 km Höhe.
Erneut ist die westliche Grundkomponente deutlich auszumachen.
Allerdings mäandriert die Strömung stärker, als dies in 5,5 km Höhe
der Fall ist - und zu der über dem Atlantik "eingekreuzten" südlichen
Windkomponente ist westlich der Bretagne sogar eine schwache
nördliche zu erkennen.

Für alle drei hier dargestellten Höhenstufen ist die lebhafteste
atlantische Luftströmung in Richtung Süd- bzw. Zentralfrankreich
orientiert - und damit in Richtung Alpen. Aber während der oben
dargestellte Jet und der in der Mitte dargestellte Wind in 5,5 km
Höhe die Alpen weitgehend ungehindert überströmen, wird der
"niedertroposphärische" Wind in 1,5 km Höhe vom Alpenbogen nach
Norden und Süden abgelenkt, womit die Luftmassen die Alpen umströmen.
Die Folge: Im Schatten der Alpen, also in Oberitalien mit der
Poebene, ist es windschwach - obwohl dies eigentlich die
"Stoßrichtung" der Starkwindfelder gewesen ist (roter Kasten am
rechten Rand des unteren Teils der Grafik). Stattdessen weht ein
kräftig ausgeprägter "Zweig" des Windes in Richtung Korsika und
Sardinien, ein anderer dagegen nach Süddeutschland hinein.

Der letztgenannte hat dann natürlich auch wieder einen Einfluss auf
das Wetter im Südwesten und Süden Deutschlands. Denn dort weht der
Wind in 1,5 km Höhe morgen (17.5.) deutschlandweit am stärksten. Und
das bedeutet in den Gipfellagen des Südwestens stürmische Böen oder
Sturmböen (Bft 8 bis 9, ca. 60 bis 90 km/h, Feldberg im Schwarzwald
eventuell sogar noch etwas mehr), während die Gipfellagen der übrigen
Mittelgebirge morgen tagsüber meist noch mit steifen Böen (Bft 7, um
55 km/h) "davonkommen". Dort soll der Wind dann erst am Abend bzw. in
der Nacht zum Dienstag stürmisch aufleben.

Überhaupt ist der Wind in den kommenden Tagen im Südwesten und Süden
lebhafter als im Rest des Landes. Ansonsten ist das - weiterhin
überwiegend zonale - Wetter recht gerecht: Schauer und Gewitter sind
überall möglich, und die Tageshöchstwerte bewegen sich in einer
Spanne von 12 bis 19 Grad.

Dipl.-Met. Martin Jonas
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 16.05.2021

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