Thema des Tages

04-06-2021 08:20

Starkes, schweres oder extremes Gewitter - Was steckt hinter den
Formulierungen?

Der Start in den Juni wird in Teilen des Landes von teils starken
oder schweren Gewittern begleitet. Doch was steckt hinter diesen
Formulierungen und wie sind die Warnstufen für Gewitter im DWD
definiert?


Pünktlich mit dem meteorologischen Sommerbeginn am zurückliegenden
Dienstag hat sich auch das Wetter auf Sommer eingerichtet. Zunächst
war die Luftmasse noch weitgehend trocken und erwärmte sich
zusehends. Seit Mittwoch ergaben sich dann allmählich die richtigen
atmosphärischen Zutaten für die Gewitterbildung. Mit einer sich über
Frankreich formierenden Tiefdruckrinne sickerte zum einen zunehmend
feuchte und labile Luft in die West- und Südwesthälfte. Zunächst gab
es nur einzelne Gewitterentwicklungen an der Orographie der
Mittelgebirge, indem die Luft an deren Hänge zum Aufsteigen gezwungen
wurde. Mit dem langsamen Vordringen der Tiefdruckrinne in die
Westhälfte Deutschlands am gestrigen Donnerstag beschränkte sich die
Gewitteraktivität nicht mehr nur noch auf die Mittelgebirgsregionen.
Die Tiefdruckrinne ist durch eine Windkonvergenz geprägt. Per
Definition kommt dabei der Wind am Boden aus unterschiedlichen
Richtungen. Während also aktuell der Wind in der Westhälfte aus
südwestlichen bis westlichen Richtungen weht und die feucht-labile
Luft im Gepäck hat, strömt in den östlichen Regionen trockene
Festlandsluft aus Ost bis Nordost ein. Dort wo die Luft
zusammenströmt, wird sie gezwungen aufzusteigen und generiert so
einen Hebungsantrieb, der die Entstehung von Gewittern begünstigt.

Am heutigen Freitag und am Wochenende dürfte diese Konvergenzzone
etwa von Niedersachsen über die Mitte des Landes bis nach Bayern
reichen und unserer Warnkarte einige orangefarbene bis rote, eng
begrenzt auch violette Farbtupfer bescheren. An sich ist die Farbe
der Warnung bereits ein eindeutiger Hinweis auf die Gefährlichkeit
der Gewitterentwicklung. Allerdings sind auch die in jeder Warnung
enthaltenden Zusatzinformationen zu beachten. Unter anderem kann
daraus entnommen werden, von welchem Parameter die höchste Gefahr
ausgeht.

Die "gelben" Gewitterwarnungen entsprechen der niedrigsten Kategorie
auf der vierstufigen Warnskala. Naturgemäß steht jedes Gewitter in
unmittelbaren Zusammenhang mit einer erhöhten Blitzgefahr. Es kann
jedoch nicht nur im Kernbereich des Gewitters blitzen, sondern auch
in deutlicher Entfernung von diesen. Windböen bis 60 km/h können bei
dieser Gewitterkategorie eine Begleiterscheinung sein.

Die "orangefarbenen" Gewitterwarnungen zählen zu den markanten
Wettererscheinungen, die vereinzelt oder örtlich mit Schäden
einhergehen können. In den regionalen und nationalen Wetterberichten
wird diese Gewitterklasse über den Ausdruck "starkes Gewitter"
kommuniziert. Dabei können je nach atmosphärischer Konstellation
zahlreiche Kombinationen aus Begleiterscheinungen an die Gewitter
gekoppelt sein. Unter die Begleiterscheinungen fallen Sturmböen oder
schwere Sturmböen zwischen 65-100 km/h, Starkregen von 15-25 Liter
pro Quadratmeter innerhalb einer Stunde sowie Hagel mit einer
Korngröße unter 1,5 Zentimeter.

Die "rote" Warnkategorie fällt bereits unter die amtlichen
Unwetterwarnungen und wird als "schweres Gewitter" in den
Wetterberichten geführt. Einhergehend nimmt damit das mögliche
Schadenspotential zu. Aufenthalte im Freien sollten ab dieser
Kategorie möglichst vermieden werden. Auch bei schweren Gewittern
ergeben sich alle möglichen Kombinationen aus den
Begleiterscheinungen. Häufig stehen Gewitter mit kräftigem Regen in
Verbindungen. Erreicht dieser eine Rate von 25-40 Liter pro
Quadratmeter in einer Stunde, fällt dieser in die Kategorie "heftiger
Starkregen". Bei diesen Regenraten würde das Wasser nach einer Stunde
im vom Gewitter betroffenen Gebiet zwischen 2,5 bis 4 cm pro
Quadratmeter stehen. Das klingt auf dem Papier nicht viel, kann aber
vor allem in bebauten und auf versiegelten Flächen zu Problemen
führen. Überschwemmte Unterführungen oder Keller sind dann schon
häufiger anzutreffen. Bei der aktuellen Wetterlage ist die Luftmasse
in der Tiefdruckrinne mit sehr viel Feuchtigkeit angereichert und die
Verlagerung der Gewitterzellen ist oft nur sehr langsam. Daher wird
vor allem der heftige Starkregen der entscheidende Faktor für die
Ausgabe von Unwetterwarnungen sein. Unerwähnt sollte jedoch an dieser
Stelle nicht bleiben, dass auch orkanartige Böen oder Orkanböen von
über 105 km/h oder Hagel mit einer Korngröße von mehr als 1,5 cm eine
rote Gewitterwarnung hervorrufen können. Aufgrund fehlender Dynamik
spielt aber der Wind in Form von stürmischen Böen oder Sturmböen (Bft
8-9) als Begleiterscheinung aktuell nur eine untergeordnete Rolle.

Fallen die Begleiterscheinungen bei Gewittern noch heftiger aus, dann
wird die höchste Kategorie der "extremen Gewitter" erreicht. Dieser
entspricht der dunkelroten oder violetten Warnstufe vor extremem
Unwetter. Die erwartete Wetterentwicklung ist dann als extrem
gefährlich einzustufen, wobei lebensbedrohliche Situationen und
größere Schäden und Zerstörungen auftreten können. Extreme Gewitter
können von extremen Orkanböen von über 140 km/h, großkörnigem Hagel
und extrem heftigen Starkregen begleitet sein. Extrem heftiger
Starkregen umfasst dann Regenraten von mehr als 40 Liter pro
Quadratmeter innerhalb von einer Stunde. Örtlich eng begrenzt sind
solche Regenmengen heute und in den kommenden Tagen nicht
ausgeschlossen. Die erwähnten extremen Böen sind als
Begleiterscheinung ausgeschlossen.

Verfolgen Sie daher derzeit bitte unsere Warnungen über unsere
Website oder mit einem Blick in unsere WarnWetter-App besonders
aufmerksam.


M.Sc.-Met. Sebastian Altnau
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 04.06.2021

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