Thema des Tages

04-07-2021 10:50

Hitzewelle in Kanada und Teilen der US-Westküste

Eine über mehrere Tage andauernde Hitzewelle mit Temperaturen von
fast 50 °C und dutzende Waldbrände sorgen noch immer für verheerende
Zustände in Teilen Kanadas und der USA. Grund war eine blockierende
Hochdruckwetterlage.

150 Kilometer nordöstlich von Vancouver, in der kanadischen Provinz
British Columbia, am Rande von Coast Mountains und Kaskadenkette
gelegen, befindet sich ein Dorf namens Lytton, das bis vor wenigen
Tagen kaum 300 Einwohner zählte. Der kleine Ort war bisher alles
andere als weltweit bekannt und schaffte es dennoch in die
Schlagzeilen der internationalen Presse, worauf die Menschen dort
sicherlich gut und gerne hätten verzichten können.

Der Grund des plötzlichen Ruhms liegt nämlich in den
Temperaturrekorden, die Lytton in den letzten Tagen gleich mehrmals
hintereinander aufstellte: Während die durchschnittliche
Tageshöchsttemperatur im Juli dort bei 24,3 °C liegt, wurden am
vergangenen Sonntag 46,6 °C erreicht - ein bis dahin neuer
kanadischer Höchstwert. Direkt tags darauf wurde dieser mit 47,9 °C
übertroffen und schließlich am Dienstag mit 49,6°C sogar nochmals
getoppt. Zuvor lag der historische Höchstwert in Kanada bei 45 °C,
der im Jahre 1937 in der Provinz Saskatchewan gemessen wurde. Die
Temperaturen der vergangenen Woche sind nicht nur die höchsten, die
jemals in Kanada gemessen wurden, sondern sogar die höchsten jemals
gemessenen Werte nördlich des 50. Breitengrades.

Die Hitzewelle betraf neben der kanadischen Provinz British Columbia
auch die US-Bundesstaaten Washington und Oregon, sowie Teile von
Kalifornien, Idaho und Nevada, in denen ebenfalls Temperaturen von
über 40 °C herrschten und die dort teils die höchsten Werte seit
Beginn der Wetteraufzeichnungen darstellen. Inzwischen sind die
Temperaturen zwar etwas zurückgegangen, aber immer noch
überdurchschnittlich hoch.

Auslöser für die tagelang andauernde Hitze war eine sogenannte
blockierende Omega-Wetterlage, bei der sich ein stabiles
Hochdruckgebiet etabliert und das Strömungsfeld an den griechischen
Buchstaben Omega erinnert (siehe Grafik). Zunächst konnte dadurch
Warmluft aus dem Süden nordwärts vordringen und sich durch die
stationäre Lage des Hochs dort "festsetzen". Durch Absinken der
Luftmassen innerhalb des Hochdruckgebiets, die hohe
Sonneneinstrahlung und gleichzeitig geringer Bewölkung erwärmte sich
die Luft dann immer weiter. Die angrenzende Gebirgskette war ein
weiterer Mitspieler für die richtige Kombination aus ungewöhnlichen
Bedingungen, denn mit Herabströmen der Westhänge der Kaskadenkette
schnellten die Lufttemperaturen - ähnlich dem Föhneffekt in den Alpen
- nochmals in die Höhe.

Das Omega-Strömungsfeld wird dabei maßgeblich durch die Lage des
Jetstreams beeinflusst, ein Starkwindband, das sich in mehreren
Wellen ostwärts einmal um die Erde spannt, quasi wie ein
mäandrierender Fluss. Der Jetstream fungiert dabei sozusagen als
Motor unserer wetterbestimmenden Hoch- und Tiefdruckgebiete.
"Stottert" der Motor, bleiben die Wellen des Jetstreams also quasi
stehen, kann es folglich zu länger andauernden, sogenannten
stationären Wetterlagen kommen - so geschehen zum Beispiel auch im
Sommer 2018 in Deutschland.

Natürlich lässt sich eine einzelne Hitzewelle nicht eindeutig dem
Klimawandel zuschreiben. Allerdings gehen Klimawissenschaftler davon
aus, dass die globale Erwärmung, oder genauer gesagt der geringer
werdende Temperaturkontrast zwischen der Arktis und südlicheren
Breitengraden (da sich die Arktis deutlich schneller erwärmt)
Auswirkungen auf die Stärke des Jetstreams und die Häufigkeit solcher
stationärer Wellen haben könnte. Und damit neben dem generellen
Erwärmungstrend eben auch aus diesem Grund die Wahrscheinlichkeit für
Hitzewellen steigen könnte. Oder um es mit den Worten des kanadischen
Meteorologen Jeff Berardelli auszudrücken: "Der Klimawandel macht das
Unmögliche nicht nur möglich, sondern auch wahrscheinlich."

Und wären knapp 50 °C nicht schon verheerend genug für Menschen,
Tiere, Landwirtschaft und Infrastruktur, haben sich in der Folge auch
noch zahlreiche, immer noch andauernde, Brände entwickelt, wodurch
Lytton inzwischen zu 90% zerstört wurde. Ein trauriger Ruhm, den das
kleine kanadische Dorf da erleben musste...

Dipl.-Met. Magdalena Bertelmann
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 04.07.2021

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