Thema des Tages

31-08-2016 14:40

Hoch "Harald" - ein stabiler Kollege

Eine Luftmasse ist labil oder stabil geschichtet je nachdem, ob sie
sich in einem Gleichgewichtszustand befindet oder eben nicht.
Dabei hilft zunächst ein Blick in die Physik der Mechanik und wir
betrachten eine Kugel, die aus ihrer Ruheposition ausgelenkt wird.
Befindet sich die Kugel auf einer konkav gekrümmten Fläche, z.B. in
einer Mulde, wird die Kugel bei Auslenkung zwar hin und her rollen,
am Ende aber wieder in ihre vorherige Ruheposition zurückkehren. Sie
befindet sich also in einer stabilen Lage.

Befindet sich die Kugel auf einer konvexen nach oben gebogenen
Fläche, z.B. einem Hügel, reicht ein kleiner Anstoß, um die Kugel aus
ihrer Gleichgewichtslage zu entfernen. Die Kugel kann aus eigenem
Antrieb nicht mehr zurückkehren, diesen Zustand nennt man "labil".

Um dieses Prinzip auf die Atmosphäre zu übertragen, verwendet man die
sogenannte "Paketmethode". Man stelle sich dabei ein Luftpaket in
einer gegebenen Höhe vor, das sich in der Ruhelage, dem
"hydrostatischen Gleichgewicht" befindet. Dabei weist es dieselbe
Temperatur bzw. Dichte wie die Umgebungsluft auf. Dann wird dieses
Luftpaket vertikal ausgelenkt und wir beobachten, was passiert:

Eine stabil geschichtete Atmosphäre liegt vor, wenn die vertikale
Temperaturänderung des Luftpaketes größer ist als die der
Umgebungsluft. Bei einem nach oben gerichteten Anstoß kühlt sich das
Luftpaket stärker ab als die Umgebungsluft und ist somit schwerer.
Aufgrund des fehlenden Auftriebs legt das Luftpaket den Rückwärtsgang
ein und bewegt sich abwärts. Dabei erfolgt wiederum eine stärkere
Erwärmung als die Umgebungsluft und die Abwärtsbewegung kommt zum
Erliegen, das Luftpaket steigt wieder wie ein Ballon auf. So kehrt es
nach einigen Ausgleichsschwingungen in seinen ursprünglichen
Gleichgewichtszustand zurück.

Bei einer labilen Schichtung ist die vertikale Temperaturänderung des
Luftpaketes kleiner als die der Umgebungsluft. Wird dann ein
Luftpaket nach oben ausgelenkt, ist es wärmer als die Umgebungsluft
und erfährt Auftrieb. Es steigt also immer weiter auf und kehrt nicht
mehr in den Ausgangszustand zurück. Ähnlich bei einer Auslenkung nach
unten, hier ist das Luftpaket kälter als die Umgebung und sinkt immer
weiter ab. In einer labilen Schichtung reichen also schon kleine
Anstöße aus, um große Auswirkungen zu erzielen.

Ob sich ein Gleichgewicht oder ein Ungleichgewicht einstellt, hängt
also hauptsächlich von der Verteilung von warmer und kalter Luft in
der Atmosphäre ab. Wenn sich kalte Luft, die dichter und damit
schwerer ist, unter warmer Luft befindet, liegt ein
Gleichgewichtszustand vor. Diese "Inversionen" können sehr ausdauernd
sein und besonders im Herbst und Winter oft tagelang in den
Niederungen für trübes und kühles bzw. kaltes Wetter sorgen, während
es oberhalb der Inversion in den Höhenlagen strahlenden Sonnenschein
gibt. Eine stabile Luftschichtung kann sich z.B. aber auch durch
nächtliche Ausstrahlung des Bodens ergeben oder über einer
schneebedeckten Fläche. Auch können in der Höhe wärmere Luftmassen
herangeführt werden, die stabilisierend wirken.

Bei Labilität herrschen genau umgekehrte Verhältnisse. Labilisiert
wird eine Luftmasse tagesgangbedingt durch starke Sonneneinstrahlung
am Boden oder wenn Luftmassen über einen warmen Untergrund strömen.
Beim Heranführen einer hochreichenden Kaltluftmasse kommt diese in
der Höhe oft schneller voran, so dass die kältere Luftschicht über
der noch warmen und feuchten Luft in den unteren Atmosphärenschichten
liegt. Hier stellt sich ein großer Temperaturunterschied mit der Höhe
ein und somit eine große Labilität. Das kann bei ausreichender
Feuchte die Ausbildung von mächtigen Quellwolken und nachfolgend von
kräftigen Schauern und Gewittern zur Folge haben.

In Hochdruckgebieten wie unserem Kollegen Harald befindet sich die
Atmosphäre weitgehend im Gleichgewicht und sorgt am heutigen Mittwoch
mit stabilen Verhältnissen für wenig Wolken und viel Sonnenschein.
Lediglich an den Alpen und im angrenzenden Vorland liegen Reste einer
feuchtwarmen Luftmasse, die labiler geschichtet sind, was dort
einzelne Schauer und Gewitter möglich macht.


Dipl.-Met. Peggy Hofheinz
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 31.08.2016

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