Thema des Tages

16-08-2021 09:50

Hagel.

Im Süden zogen gestern wieder schwere Gewitter durch. Dabei gab es
zahlreiche Hagelmeldungen mit Korngrössen von 3 bis 5 cm. In der Nähe
von Ludwigsburg musste sogar ein Sportflugzeug wegen Hagelschlags
notlanden. Doch wie entsteht eigentlich Hagel?


Hagel ist immer mit kräftigen Schauern und Gewittern verbunden. In
diesen herrschen starke Aufwinde, die sogar Geschwindigkeiten von
über 30 m/s (ca. 110 km/h) erreichen können. In diesen Aufwinden
findet die Hagelbildung in der Regel in den mittleren Bereichen der
Gewitterwolken zwischen etwa 3 und 7 km statt. Dort herrschen
Temperaturen von -10 bis -30 °C. Bei diesen Temperaturen gibt es in
der Gewitterwolke eine Koexistenz von Wassertröpfchen, die ohne
Vorhandensein von Kristallisationskeimen bis zu einer Temperatur von
-40 °C im flüssigen Zustand verbleiben können, und Eiskristallen, die
sich an Kristallisationskeimen, sogenannten Aerosolen (meist
Staubpartikel), bilden (Kontaktgefrieren). Diese Eiskristalle wachsen
zum einen durch Sublimation von Wasserdampf auf ihrer Oberfläche
(trockenes Wachstum), zum andern gefrieren weitere unterkühlte
Wassertropfen an den Eiskristallen fest (nasses Wachstum). Es bilden
sich zunächst Graupelkörner, die als Hagelembryos fungieren. Mit
wachsendem Radius gefrieren durch das größere Volumen immer mehr
unterkühlte Wassertropfen an diesen Hagelembryos, sodass sich eine
immer schnellere Wachstumsrate ergibt und sich aus den Graupelkörnern
größere Eiskörner bilden. Diese Eiskörner nehmen irgendwann so stark
an Gewicht zu, dass sie vom Aufwind nicht mehr in der Schwebe
gehalten werden können und zu fallen beginnen. Oder sie werden durch
den Wind aus dem Aufwindbereich des Gewitters geweht. Beim Fallen
durch die Wolke können dann weitere Wolkentropfen festfrieren.

Wie groß also ein Hagelkorn wird, hängt maßgeblich von der Stärke des
Aufwindbereiches ab. Dieser ist in rotierenden Gewitterzellen,
sogenannten Superzellen, besonders stark. Da durch die Rotation der
Aufwindbereich ständig vom Abwind getrennt wird, fließt permanent
feuchte Luft in das Gewitter ein und erhält den Aufwind lange Zeit
stabil. Nahezu alle großen Hagelkörner mit Korngrößen über 4 cm
stammen aus Superzellen. Eine weitere wichtige Rolle spielt die
Feuchteversorgung des Gewitters. Je feuchter die Luft in einer Höhe
von etwa 1,5 bis 2,5 km ist, desto mehr Wasser (in flüssiger Form
oder als Wasserdampf) steht dem Hagelwachstum zur Verfügung.
Bei bis zu 2 cm Korndurchmesser verursacht Hagel nur leichte Schäden
und das meist an Pflanzen. Hagelgrößen von über 2 cm können Früchte
beschädigen und Risse in den Glasscheiben von Gewächshäusern
verursachen. Ab etwa 3 cm Größe entstehen Schäden an Autos und
kleinere Äste und Laub werden von Bäumen abgeschlagen. Ab 6 cm
Korndurchmesser können Dachschindeln durchschlagen werden und es
besteht ernsthafte Verletzungsgefahr.

Das größte in Deutschland registrierte Hagelkorn hatte einen
Durchmesser von 14 cm und wurde am 6. August 2013 bei Undingen auf
der Schwäbischen Alb gefunden. Es hatte ein Gewicht von 360 g. Doch
es geht noch größer. Das größte Hagelkorn der Welt wurde mit 20 cm
Korngröße am 23. Juli 2010 in Vivian, South Dakota gefunden.

Dipl.-Met. Christian Herold
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 16.08.2021

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